Livereview: The Casualties + Support, Kesselhaus Wiesbaden, 11.01.2019

Mit starkem Album und lauten Konzerten melden sich die legendären Streetpunks aus New York zurück. The Casualties sind nun gute zwei Monate in ganz Europa unterwegs und eröffnen ihre „Written In Blood-Tour“ mit einer ausverkauften Show im kleinen, feinen Kesselhaus in Wiesbaden.

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Ein Wochenende auf dem ehemaligen Schlachthofgelände das selbst eingestaubte Punkerherzen höherschlagen lässt – Freitag: The Casualties, Samstag: Wizo, Sonntag: Hämatome & Kopfschmerzen. So muss das sein. Für läppische 15€ wird man am Freitagabend Zeuge und/oder Bestandteil davon, wie das Kesselhaus auseinandergenommen wird.
Schon früh findet sich das Publikum für ein, zwei, drei obligatorische Aufwärmbier ein und beäugt noch entspannt die Supportband Swallow’s Rose aus Bayern, die unaufgeregten, melodischen Skate-Punk spielen. Alles im Rahmen, bevor der Hauptact gegen 21.30 Uhr die Bühne betritt und der gespannten Meute ohne Umschweife ihren brachialen Mix aus Punk, Hardcore & Metal um die Ohren haut. Auch die Meute selbst lässt sich nicht lange bitten – und startet direkt einen Moshpit, bei dessen Anblick sich die Außenstehenden zweimal überlegen, wirklich miteinzusteigen. Abhalten sollte man sich davon allerdings nicht lassen. Ausladende Extremitäten, stachelige Iro’s, überschäumende Bierflaschen und glitschige Oberkörper – it’s all part of the game. And it’s a fucking fun game!

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Damit das nicht so schnell endet, hält die Setlist der Casualties ganze 25 Songs bereit, unter denen sowohl Klassiker wie „For The Punx“ und „Unknown Soldier“ als auch einige Bretter des neuen Albums Written In Blood, erschienen im vergangenen Oktober, mit dabei sind. Ein knüppelschnelles „Feed off Fear“ läutet den Abend ein, während das jetzt schon Kult gewordene „1312“ auch die letzten Zuschauer*innen zum mitgrölen anstachelt. Zwischen den Liedern wirft der neue Sänger, David Rodriguez, kurze politische Parolen in den Raum (manchmal reicht auch ein simples „Fuck, fuck Donald Trump“), die vom Publikum ekstatisch aufgenommen und zurückgefeuert werden. An diesem Abend darf man auch einfach mal ins Blaue hineinfragen: „Why is there so much hate in this world?“ („So Much Hate“ auf Written In Blood).
Spätestens beim spanischen „Ya Basta“ stürmen einige Fans die Bühne, ziehen sich ihre ohnehin klitschnassen T-Shirts aus, um sich anschließend stagedivend zurück in die Menge zu werfen. Irgendwann ist die Bühne so voller Menschen, dass die eigentlichen Bandmitglieder vollends im Gemenge verschwinden und das besungene Motto im neuen „Demolition“ endgültig Programm geworden ist: „Demolition – the world! … We own the future!“ Zum krönenden Abschluss des Abends ertönt die Hymne, auf die alle gewartet haben, und die mit wehenden Fahnen und einer nun vollends geenterten Bühne zelebriert wird: „We are all we have tonight!“. Wenn das Schiff schon untergeht, dann wenigstens mit der gesamten Crew – und dem Sound lauter Gitarren.

© Fotos von Jonathan Schütz