Livereview: Parkway Drive + Support, Jahrhunderthalle Frankfurt, 27.01.2019

Was kommt nach dem brennenden und rotierenden Schlagzeug? Parkway Drive belehren auf ihrer aktuellen Tour alle Skeptiker und heben die Liveshow ihrer vorherigen Headliner-Tour auf ein noch höheres Level.

TAIM

Die erstklassigen Live-Shows des Quintetts aus dem australischen Byron Bay haben sich herumgesprochen: Während vor knapp zwei Jahren beim bislang letzten Auftritt der Surfer in der Frankfurter Jahrhunderthalle noch etwas mehr als 3.000 Leute in die Konzert- und Kongresshalle geströmt sind, dürfen sich Parkway Drive heute über ein seit mehreren Wochen ausverkauftes Haus und knapp 5.000 Konzertbesucher freuen. Diese werden zunächst für 25 Minuten von Thy Art Is Murder mit brutalem Deathcore wachgerüttelt. Das ebenfalls aus Australien (in diesem Fall allerdings Sydney) stammende Quintett setzt auf Altbewährtes: The Purest Strain Of HateHoly War und Reign Of Darkness (klingen allesamt verdächtig stark nach Songs von Slayer) werden von Dear Desolation, The Son Of Misery sowie Puppet Master vom aktuellen Album Dear Desolation eingerahmt und evozieren die ersten Pits des Abends. Dunkelfürst ,,CJ“ McMahon sendet sowohl optisch als auch durch seinen gutturalen Gesang düstere Signale durch die Halle, lockert diese dafür mit gewitzten Ansagen und genitalen Deutschkenntnissen auf.

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Killswitch Engage feiern dieses Jahr ihr 20-jähriges Bandjubiläum. Dass sich die Metalcore-Institution mit einem neuen Album selbst beschenkt, ist höchstwahrscheinlich, neues Material gibt es heute allerdings nicht zu hören. Das US-Quintett greift nahezu gleichermaßen auf Songs ihrer Alben zurück, die nicht nach ihrer Band benannt sind, lediglich Disarm The Descent ist mit einem Song-Trio anstatt eines Duos vertreten. Dass Killswitch Engage inzwischen schon zu den alten Eisen im Metalcore gehören, fällt schwer zu glauben, wenn man der Band bei einer Dreiviertelstunde Dauersport zuschaut. Frontmann Jesse Leach flitzt wie ein junger Hase über die Bühne und meistert sowohl den Klargesang in den teilweise etwas konstruierten Refrains als auch das Geschreie. Gitarrist Adam Dutkiewicz spult dagegen das höchste Laufpensum ab und spielt dabei auch noch vereinzelt einhändiges Tapping. Nützt alles nichts, denn gegen Ende des dreiviertelstündigen Auftritts erweist sich das musikalische Konstrukt als etwas eintönig.

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Davon kann bei Parkway Drive nicht die Rede sein. Mit ihrem aktuellen Album Reverence haben sich die Australier weiter- und vom Metalcore hin zum Heavy Metal im XXL-Format entwickelt. Also irgendwie logisch, dass schon vor dem ersten Song während des atmosphärischen, fast Remix-artigen Intros Feuerwerkskörper auf der Bühne explodieren und die Band selbst, begleitet von Fackelträgern, zunächst durch den Innenraum marschiert, um von dort die Bühne zu betreten. Der Reverence-Opener Wishing Wells eröffnet auch das Konzert und sorgt für wildes Schubsen, während bei der folgenden Festivalhymne Prey gemeinsames Springen angesagt ist. Im ersten Drittel ihrer komplett durchgeplanten Show verzichten Parkway Drive bis auf eine bombastische Lichtshow auf weiteren Augenschmaus und lassen stattdessen das Nostalgiegefühl alter Hits wie Carrion und Karma aufkeimen. Das ruhig pulsierende Cemetery Bloom läutet anschließend das zweite Drittel des Konzerts ein und richtet für den Rest davon den Fokus auf die Show.

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The Void bekam nach seiner Veröffentlichung als Single vor Albumrelease viele negative Kommentare aufgrund seiner Ähnlichkeit zu den verpönten Five Finger Death Punch, live funktioniert das Stück dagegen viel besser und Leadgitarrist Jeff Ling darf seinen ersten großen Moment des Abends genießen, wenn er das Gitarrensolo in der Bühnenmitte unter herunterprasselndem Feuerregen spielt. Ling legt, wie auch seine Bandkollegen, einen fabelhaften Auftritt hin, unsichere Momente oder schiefe Töne sind Mangelware und selbst Frontmann Winston McCall, der eigentlich ins Krankenbett gehört und aktuell an akutem Ebrechen leidet, trotzt seiner widrigen Gesundheit und meistert im fantastischen Shadow Boxing sowohl klaren Gesang, schnellen Sprechgesang als auch tiefes Gebrüll. Der Song selbst gehört zu den Highlights des Abends und wird wie das vorherige Writings On The Wall von einem Streichquartett begleitet. Richtig, Parkway Drive, die vor wenigen Jahren noch für knüppelharten Metalcore bekannt waren, haben ein Streichquartett bei ihrer Tour dabei. Weiterentwicklung mehr als geglückt.

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Neben den vier Streichern war im Tour-Bus aber auch noch Platz für Flammenwerfer, die in Dedicated zum ersten Mal ihren Einsatz finden. Beim sechsminütigen Chronos richtet sich der Fokus dagegen einmal mehr auf Ling sowie Zweitgitarrist Luke Kilpatrick, die den zweiten, instrumentalen Teil des Songs jeweils auf einer Hebebühne performen. McCall hat zu dem Zeitpunkt schon die Bühne verlassen und den Weg zum FOH aufgenommen, um dort mit der Ballade The Colour Of Leaving, nur begleitet von einer Cellistin, den regulären Konzertteil auf einer B-Stage zu beenden. Mit einem dicken Kloß im Hals – kein Wunder bei diesem wahnsinnig emotionalen Text – verlässt McCall die B-Stage und taucht nur wenig später mit freiem Oberkörper auf der Bühne auf, zündet einen Molotowcocktail an und wirft diesen über das Schlagzeug gegen ein gigantisches Parkway-Drive-Logo. Mit der Explosion von diesem lodern auf der ganzen Bühne Flammen auf und Crushed erklingt. Wie schon auf der vergangenen Tour bilden Crushed und Bottom Feeder die Zugaben und fahren noch einmal alles auf, was Parkway Drive ihren Fans über 95 Minuten geboten haben: Feuerwerkskörper, Flammenwerfer, ein dicker Sound und gigantische Moshpits. Keine Frage, Parkway Drive sind nicht mehr nur die Zukunft des Metalcore, sondern auch die des Heavy Metals.

© Fotos von Joshua Lehmann