Am Wochenende hieß es wieder: Ab zu einem Konzert! Dieses Mal erwartete uns aber etwas ganz Besonderes, denn Asking Alexandria besuchten den Ruhrpott in Oberhausen nicht mit einer, zwei, nein fünf Vorbands mit allseits bekannten Gesichtern.
Es ist Samstag Nachmittag. Die Schlange voller Fans reibt sich die Hände, um die umgebende Kälte noch ein wenig abzuhalten, bis pünktlich um 16 Uhr die Pforten zur Turbinenhalle geöffnet werden. Durch die vielseitige Auswahl an Supportbands gestaltet sich auch das Publikum entsprechend. So findet man den ein oder anderen Bring Me The Horizon, Suicide Silence aber auch selbstverständlich Asking Alexandria Fan inmitten der plaudernden Menge.
Nach einer Stunde Observierung der enorm ausgestatteten Halle – inklusive Tribüne – eröffnen die Australier In Hearts Wake. Mit Songs wie ‚Divine’ werden direkt erste Pits im Publikum eröffnet, was durch eine solide Gesangsleistung des Bassisten Kyle Erich unterstützt wird. Was hier und dort noch ein wenig nach Schema F klingt, bildet aber insgesamt einen stimmigen Bandsound, der vom Publikum mit einem hohen Energielevel belohnt wird.
Weitaus kontaktfreudiger und präsenter zeigen sich anschließend The Word Alive, welche durch solide Gitarrenarbeit überzeugen können. Sänger Telle Smith kontrolliert zudem das Publikum im Handumdrehen: In ‚Play the Victim’ folgt jeder ohne zu zögern seinem Auftrag, sich hinzusetzen während komplexe Melodien des Gitarristen den Raum erbeben lassen. Eine Band, von der man sicher in naher Zukunft noch Vieles hören wird!
Mit Betraying The Martyrs werden nun auch Fans der härteren Riege bedient, was sich direkt beim Soundcheck äußert, als der Ersatzdrummer Blastbeats auf sein Set einhämmert. Spätestens nun ist klar, dass hier in einer anderen Liga gespielt wird. Die folgenden dreißig Minuten strotzen nämlich nur so vor Klängen der Endzeit und den dunkelsten Ecken des menschlichen Daseins. Pointierte Growls des Sängers Aaron Matts werden konstant umgarnt von klaren und melodiösen Passagen des Keyboarders Victor Guillet, welcher sich auch nicht für Bewegung auf der Bühne mitsamt Keyboard zu schade ist. Die Band präsentiert sich perfekt im Zusammenspiel, gipfelnd im Cover des Disneysongs “Let it Go“. Die Franzosen lassen die Zuschauer schlussendlich schweißgebadet mit einem Verlangen nach mehr zurück, welches vorerst seinesgleichen sucht.
Obwohl stilistisch vollkommen abweichend, schaffen es Memphis May Fire trotzdem die zweite Hälfte des Abendes gebührend weiterführen zu können. So ist man sogar dankbar, wenn der redegewandte Matty Mullins den Dialog mit dem Publikum pflegt und diesem somit eine kurzzeitige Erholung vom Moshpit Chaos gönnt. Klassiker wie „Prove Me Right“ als auch neue Songs tragen zu einem dauerhaften Mitsingcharakter bei, während Mullins unbeschwert seine Engelsstimme in Sekundenschnelle in bestialische Screams verwandelt. Lediglich mangelnde Energie seitens des Publikums entzieht dem Auftritt der Texaner die Chance, noch gelungener zu sein, als er es bereit ist.
Doch wer vermutet, die Messlatte könne nicht höher gehängt werden, der hat offensichtlich nicht mit August Burns Red gerechnet. Ohne viel Gerede um den heißen Brei stolzieren die Jungs mit „White Washed“ auf die Bühne und liefern in technischer Hinsicht ein Best Of des Metalcore ab, wobei kein Mitglied innerhalb der Gruppe herausragen kann, da alle wissen, wie es gemacht wird. Donnernde Schlagzeug Rhythmen, prägnante Gitarren Leads als auch die unverkennbare Kraft des Sängers Jake Luhrs bringen den Saal – sogar mit Salsa Einlagen und Cowboyhüten in “Majoring In The Minors“ – zum Kochen. August Burns Red beweisen mit ihrem Auftritt, warum sie von vielen als Meister des progressiven Metalcores betrachtet werden.
Nach längerem Warten, allgemeiner Erschöpfung und dem Wunsch nach Eisblöcken im Gesicht betritt um 22:10 Uhr schließlich Asking Alexandria in neuer Formation die Bühne. Nach dem Ausstieg des Sängers Danny Worsnop und einer geteilten Fanbase bezüglich des Nachfolgers Denis Stoff ist die Stimmung im Zuschauerraum angespannt. Kann er mithalten? Oder wird er immer im Schatten seines Vorgängers stehen? Die Frage kann schließlich beantwortet werden, als die Band mit der neuen Single „I Won’t Give In“ eröffnet. Man sieht keinen faulen, übergewichtigen Danny mehr vor sich, welcher bereits zu Zeiten des Albums „From Death To Destiny“ seine Stunden gezählt hatte. Vielmehr steht dort, selbstbewusst und bewegungsfreudig, ein junger Mann, der wirkt, als wäre er nie neu zur Band hinzugestoßen. Alte Songs werden zu Genüge vorgetragen, was dem Publikum sichtlich gefällt: nach knapp 5 Stunden mangelt es nie an Wall of Deaths, Springmomenten oder dem einfachen Pogen in der Masse, jeder heißt den neuen Frontmann willkommen. Besonders in Liedern wie „Run Free“ oder dem Schlusslicht „If You Can’t Ride Two Horses at Once…“ kann der Mann aus der Ukraine beweisen, dass er seiner Aufgabe gewachsen ist. Lediglich seine Schüchternheit (welche Gitarrist Ben Bruce durch teils vulgäre aber auch amüsante Witze mehrfach überdeckt) kratzt noch an dem Bild einer entschlossenen Band, die weiß wo sie hin will. Auch wenn es mit einem hauptsächlich von alten Liedern geprägten, kurzen Set so wirkt, als ruhten sich Asking Alexandria teils auf alten Lorbeeren aus, kann man den Engländern die Präsentation ihrer größten Songs nicht verübeln. Mit dem Hit „Final Episode“ beenden die Jungs einen langen Abend, der für sie noch längst nicht das Schlusskapitel bedeuten soll. Die Zeit der Wiedergeburt der Band ist endlich gekommen, um der Welt zu beweisen, dass sie noch ein Ass im Ärmel hat.
Alles in allem war der Abend vollends gelungen. Mit einem breiten Spektrum von Deathcore, Post-Hardcore, Metalcore bis hin zu Progressive Hardcore war in der Tat etwas für jeden dabei, wobei sich das Konzert eher wie ein Mini-Festival im intimen Rahmen als eine normale Headline Tour angefühlt hat. Mit sechs guten Bands und einem durch die Bank motivierten Publikum wurde die Form der härteren Musik in angebrachter Art und Weise gefeiert, wobei für Fans der ersten Stunde kein Auge trocken blieb. So soll es sein, so soll es bleiben.
© Bilder von Joshua Lehmann 17.10.2015