„Refused are Fucking Dead. Over And Out.“
Es ist nicht allzu lange her, dass diese Worte über die Bildschirme vieler Fans schwirrten, als Refused sich 2012 nach einem kurzen Tourzyklus erneut auflösten. Doch die Welt wusste, dies konnte nicht das Ende der Band gewesen sein. Drei Jahre später erschien 2015 das Album „Freedom“, welches die Schwedener erneut als wichtige Stimmen des politischen Post-Hardcore-Groove-Schrei-Punks manifestierte. Auf ihrer aktuellen Europatour gelang es Refused außerdem, eine klare Linie zwischen sich und anderen Mitstreitern zu ziehen.
Vergangenen Freitag waren wir im Schlachthof Wiesbaden zu Besuch, um uns ein eigenes Bild hiervon zu machen.
Das Leipziger Trio Safi lud den Zuhörer zu Beginn des Konzerts in eine Klangwelt voller unerwarteter Harmonien und Wendungen ein. In schwarzem Gewand und mit dunkler Gesichtsbemalung verwandelte die gleichnamige Sängerin den Konzertsaal in eine Sphäre magischer Klänge, die in manchen Momenten ebenso wunderbar wie dystopisch in das Ohr hineindrangen. Bemerkenswert war außerdem ihre energetische Stimme, welche Safi durch Layering vervielfältigte und somit den Eindruck eines Ein-Frau-Chores evozierte. Clevere Texte jagen feines Handwerk, dreckiger Gesang paart sich mit donnernder Instrumentalbasis. Die Performance gipfelte im finalen „Kalt“, einem Stück, was dynamisch keine Mühen scheut und die sich vermehrenden Zuhörer endgültig fesseln konnte. Die Band und ihr neues Album „Janus“ seien somit wärmstens zu empfehlen!
Wesentlich voller wurde es bei den Kaliforniern Failure. Erneut stand ein Dreiergespann vor uns und überzeugte trotz Placebo ähnlichen Aussehens durch eine bizarre musikalische Mixtur: Glasklarer Gesang, der fast in die Kategorie des Poppunk gesteckt hätte werden können kämpfte gegen eine ungeheure Dissonanz, welche besonders Gitarrist Greg Edwards zuzuschreiben war. Dieser verstand es, simple Songstrukturen mit chaotischen Melodien zu würzen und dadurch ein sonderbares Konzerterlebnis für die Zuschauer herbeizuführen. Einzig die redundante, langsame Form der Songs tat der leider stagnanten Performance einen Abbruch, die etwas mehr Publikumsinteraktion oder gar Bühnenbewegung hätte gebrauchen können.
Die Zeit war gekommen, für wahre Helden Platz zu machen. Refused standen auf dem Programm, und nichts anderes war drin. Nach einem kurzen Intro entsprang aus dem Nichts der mitreißende Groove der Single „Elektra“, ehe Sänger Dennis Lyxzén mit hypnotisierenden Bewegungen die Bühne stürmte. Durch und durch in Anzügen gekleidet lieferten die Schweden eine Show ab, die politischer und publikumsnäher nicht hätte sein können. Hits wie „The Shape of Punk to Come“ des gleichnamigen Albums gaben den Startpfiff für eine gewaltige Eruption des Publikums. Die Party, per Definition, hatte begonnen.
Schweißgebadet ließ Lyxzén es sich außerdem nicht nehmen , vor „Destroy The Man“ die Anschläge in Paris zu thematisieren: „This is our space, they can’t take this from us. If we stop making music, they will win.“ Nach weiteren neuen Songs verabschiedete sich die Gruppe mit „Worms of the Senses / Faculties of the Skull“. Hierbei fiel besonders die überdurchschnittliche Leistung des Schlagzeugers David Sandström auf, welcher eng verwobene Grooves mit präzisem und gefühlvollem Spiel vereinte.
Nach einer kurzen Pause und der Frage, wo denn „New Noise“ bleibe, bescherte Refused dem Publikum mit drei Songs noch einen extravaganten Zugabenblock. Den vollkommenen Höhepunkt erreichte der Abend nach „Summerholidays vs. Punkroutine“ mit dem riffdurchtriebenen „New Noise“, welches seither viele Gitarristen zum Spiel des Instruments motiviert haben dürfte. Der Klang einer der einflussreichsten Bands für das Genre des Hardcore könnte nicht besser beschrieben werden als mit den Worten „Can I scream?“, die lauthals aus den Kehlen der Zuschauer tönten. Das abschließende Epos „Tannhäuser/ Derivè“ verlieh dem Konzert zum Schluss noch eine dynamische Prägung, ehe das Bühnenlicht erlosch und man zufrieden seines Weges ging.
Refused mögen in unserer heutigen Zeit nur bei einem Bruchteil der Menschen, die den Hardcore verehren, bekannt sein. Es ist viel Zeit vergangen, die Musikszene hat sich drastisch gewandelt und die Ursprünge in neuen Genres quasi ertränkt. Umso wichtiger ist es nun, jungen Fans bewusst zu machen, dass dieses Quartett den Punk und die härtere Musik zu dem gemacht hat, was er nun ist – ein Schrei, der nach 16 Jahren noch immer von vielen Generationen gehört werden soll.