Interview mit SAFI

Laut und rau auf der Bühne, erfrischend normal in Person – das sind SAFI, ein Trio unbeschreiblichen Genres aus Leipzig. Am Dienstag Abend durfte ich mich in gemütlicher Manier mit der Band im Schlachthof Wiesbaden unterhalten. Auf ihrer aktuellen Tour mit LSD on CIA haben sie mir genauer erläutert, was hinter ihrem neuen Album Janus, Safis Gesichtsbemalung als auch ihrer musikalischen Ausrichtung steckt.

Shout Loud: Dann erzählt mal was über euch, wie habt ihr euch kennen gelernt und seit wann besteht eure Band?

Safi (Sängerin/Gitarre/Samples): 2006 haben wir uns kennen gelernt in dieser Formation, vorher haben wir bisschen mit anderen Leuten rumprobiert mit den damals entstandenen Songs, ein Jahr später waren wir dann auch schon im Studio für unser Debüt, welches wir 2009 veröffentlicht haben. Wir haben uns in der Band auf verschiedene Art und Weise kennen gelernt, Frank war in der Musikszene aktiv, wodurch man auch öfters Kontakt hatte. Es gibt so ein paar Plätze und Kneipen, wo man sich als Musiker kennen lernen kann in Leipzig. Frank hat dann einige Zeit später Matze angeschleppt und dann nahm alles seinen Lauf.

Matze (Bass/Gitarre): Ja, Frank und ich hatten damals verschiedene Bands, wir haben aber auch mal öfters einfach so zusammen gespielt und waren uns gegenseitig auf Anhieb sympathisch.

Frank (Drums): Kaum zu glauben, dass das bereits 10 Jahre her ist!

SL: Wie ist die Tour gelaufen bis jetzt?

Safi: Wir sind seit Juni letzten Jahres auf Tour, haben im Juli unsere Platte „Janus“ herausgebracht und seitdem sind wir permanent in verschiedenen Clubs zu Gast. Wenn dann mal Pausen vorhanden sind jobben wir, also in unserer Freizeit. (lacht) Wir haben jetzt jede größere Stadt in Deutschland abgegrast, jetzt sind wir schon bei der zweiten Runde, die wir mit LSD on CIA begonnen haben, was dann bis in den Sommer gehen wird.

Frank: Man ist dann mal vier Tage zu Hause oder es geht mal eine Woche lang durch, damit man auch noch seinen Jobs nachgehen kann. Irgendwann werden wir dann wohl auch den Schritt gehen müssen, das zu beenden, wenn wir genug Sicherheit haben.

Safi: Es war ein Erlebnis, mit Refused spielen zu können letztes Jahr, vor Allem, da wir im März wieder mit auf Tour gehen dürfen mit Ihnen. Außerdem haben wir auch mit Vögel die Erde Essen und anderen gespielt. Es ist immer schön zu wissen, dass sich Bands austauschen können und gemeinsam Touren absprechen können.

SL: Wie kam es dazu, mit so einer riesen Band wie Refused spielen zu können, die es nun schon seit den 90ern gibt?

Matze: Nun ja, sie haben uns, sehr überraschend, kurzfristig gefragt, ob wir mit ihnen in München spielen wollen – das haben wir einen Tag vorher erfahren. Aber die Entscheidung, das Angebot anzunehmen, fiel uns mehr als leicht.

Frank: Offensichtlich hat Refused unser Set so gut gefallen, dass sie uns nun direkt noch einmal mitnehmen wollen!

SL: Spontanität hat bei euch also einen hohen Stellenwert.

Frank: Wir möchten unsere Musik einfach angemessen präsentieren. Jede Möglichkeit, jede Steckdose quasi, die sich uns anbietet, versuchen wir zu nutzen. Vor Allem, wenn es so eine große ist, dann ist es natürlich um so besser. Die Jobs von uns sind ja auch so gebaut, dass wir Pausen einlegen können, sonst wäre all das hier nicht möglich. Es geht ja auch weniger um Bequemlichkeiten sondern darum, dass man einfach als Band wachsen kann und alles darauf setzt, live spielen zu können.

SL: Ich habe euch ja schon vor Refused im Schlachthof erleben dürfen. Was hat es mit deiner Gesichtsbemalung auf sich, Safi?

Safi: Das hat mit unserem Albumcover zu tun: Das ist ganz zufällig während unseres damaligen Fotoshootings passiert. Ich hatte einige Bilder von mir machen lassen, in denen meine obere Gesichtshälfte schwarz angemalt war um eine Irritation zu erzeugen, damit der Betrachter fragt, ob das nun ein Schatten oder tatsächlich Farbe ist. Als wir fertig waren habe ich mir das Gesicht abgewaschen und die Farbe lief herunter – es sah so schaurig aus, dass wir direkt noch ein paar Bilder gemacht haben und dann der Schnappschuss für das Titelbild entstanden ist. Seitdem finde ich es spannend, live immer ein wenig anders auf die Bühne zu gehen und sich da zunehmend Gedanken zu machen, was man optisch zur Musik beitragen kann.

SL: Und wie funktioniert bei euch das Songwriting? Wer hat das Sagen im Probenraum?

Safi: Ich sammele die Sachen, die auf der Straße, im Probenraum, in Sessions oder auch daheim passieren und produziere sie auf dem Rechner vor. Sogar Gesprächsfetzen sammele ich und mache daraus Collagen, um aus diesem Sammelsurium eine gewisse Ordnung zu schaffen, falls man es so nennen kann. Normalerweise entsteht auch zuerst der Text und dann die Musik, aber Ausnahmen bestätigen die Regel!

SL: Verstehe. Habt ihr irgendwelche besonderen Einflüsse, wenn ihr Lieder schreibt? Euren Sound kann man ja doch als sehr rau aber differenziert beschreiben, nicht unähnlich zu Industrialmusik, wie sie Nine Inch Nails machen.

Matze: Ich glaube, das ist so die Top 40 Musik, die gerade läuft – und davon das genaue Gegenteil. (alle lachen)

Safi: Sehr gut gesagt! Ich denke, da wir aus Leipzig kommen, versuchen wir sehr stark die vergangenen 20 Jahre unseres Lebens dort zu vertonen. Von den grauen Tagebaulandschaften hin zu den düsteren, langen Gesichtern ist alles etwas trist. Vor allem der Osten damals, die Umbrüche der Umgebung und das plötzliche Aufblühen Leipzigs haben uns stark geprägt, denke ich. Prinzipiell orientieren wir uns aber nicht an anderen Bands, wir hören alle verschiedene Sachen.

Matze: Nur die Landschaft, ist das so? Ich finde die Scheiße, die um einen herum gerade so passiert, noch schlimmer. Von dem, was gerade mit PEGIDA passiert, ganz zu Schweigen.

Frank: Es geht ja auch gar nicht darum, hier ein politisches Statement zu machen, sondern ein Grundgefühl von dem darzustellen, was einen umgibt und ankotzt. Man kann einfach nicht das ignorieren, was in der Welt vor sich geht und auf Friede Freude Eierkuchen machen.

Safi: Du kannst nichts machen, die Welt geht ihren Weg dem Abgrund entgegen – mit wehenden Fahnen!

Matze: Eine Woche nach den Vorfällen in Paris haben wir in Köln gespielt und das war sehr komisch, da die Leute unter dem Einfluss dieser konstanten Angst standen und noch immer stehen. Leere Gesichter und eine gähnende Stille schwebten im Raum. Keiner tuschelte, alle hörten den Ansagen zu. Man hat plötzlich das Gefühl, dass man etwas Wichtiges tut, indem man den Leuten trotz dieses Terrors die Möglichkeit gibt, auf Konzerte zu gehen und zu sagen „Jetzt erst Recht!“.

SL: Danke für das Interview!

Hört euch hier die Single „Ausgebrannt“ vom neuen Album Janus an!