Livereview: ATTILA + Support, Keller Klub Stuttgart 07.06.2016

„We’re a fucking partyband and we came here to party! There are no rules! I want you to go crazy!“ Das ließ sich die Menge nicht zweimal mal sagen und sprang, boxte um sich und grölte lauthals mit. Was das Konzert der wohl härtesten Band aus dem amerikanischen Atlanta ATTILA am vergangenen Dienstag im Stuttgarter Keller Klub neben der ein oder anderen Überraschung sonst noch so mit sich brachte? Lest selbst!

Im Herzen Stuttgarts, direkt an einer Ecke des Rotebühlplatzes bildet sich eine kleine Traube an Menschen. Sie tragen Piercings, Tattoos und kurze schwarze Hosen mit Bandlogos. Ein Tanktop, natürlich auch mit Bandlogo, komplettiert das Outfit. Gellendes Geschrei und bis ins Unendliche verzerrte Gitarren tönen aus dem blechernen Lautsprecher eines in der Schlange stehenden Fans. Die Band aus dem Lautsprecher kenne ich zwar nicht, aber ich weiß sofort: Die Band, die ich kenne und wegen der ich hier bin, soll an diesem Abend genau hier spielen!
Nach einer dreiviertel Stunde Warten, macht um kurz vor acht die Security endlich den Weg in den Keller Klub frei.

Wage WarIm Klub angekommen dauert es nicht lange bis die fünfköpfige Gruppe Wage War die Bühne betritt. Es muss ein großer Wechsel für die fünf Jungs aus Florida gewesen sein. Vor zwei Tagen noch der Auftritt auf einer großen Open-Air Bühne beim Rock im Park Festival und nun eine Show auf einer Erhöhung von etwa 30 cm mit direktem Kontakt zum etwa 200 Mann starken Publikum.
Überzeugen können Wage War mit Hingabe zu ihrer Musik. Bassist Chris Gaylord singt vereinzelte Textpassagen auch ohne Mikrophon mit, Shouter Briton Bond gibt mimisch und gestisch volles Rohr und auch die anderen drei scheinen in ihrer Musik voll aufzugehen. Musikalisch stürzt sich die Metalcore-Band mit Clean-Part Gesangspassagen von einem Moshpart in den Nächsten. Keine Chance zum Ausruf einer Pit wird ausgelassen, was auf Seiten des Publikums auf taube Ohren stößt. Lediglich eine Handvoll Vollblutmosher scheint sich schon einmal für ATTILA aufwärmen zu wollen. Eigentlich schade, denn verdient hätten sie es! Zwar könnte die Songstruktur im musikalischen Set differenzierter sein, jedoch machen Zerstörer-Breakdowns das Gefühl, die eine oder andere Stelle schon einmal irgendwo gehört zu haben, wieder wett. Als einziger richtiger Kritikpunkt bleibt die Lightshow stehen. Ein permanent rotes und blaues gedimmtes Licht ohne jegliche Veränderung ist einfach mau! Trotzdem ein gelungener Opener, der Lust auf den Headliner macht!

ATTILA-1Um 21:15 Uhr kamen dann endlich ATTILA auf die Bühne. Durch das größer gewordene Schlagzeug, das etwa die Hälfe der kleinen Bühne einnimmt, schränkt sich die Bewegungsfreiheit der Bandkollegen von Drummer Sean Heenan etwas ein. Platz für breit gespreizte Beine beim Breakdown bleibt dennoch. Und wer die Band aus Atlanta kennt, weiß: Wenn es eine Band gibt, die Breakdowns liebt, dann ist es ATTILA!
Begonnen wird das Set mit der zweiten und namensgebenden Singel des vorletzten Albums „About that Life“. Das Publikum ist textsicher und verhält sich deutlich aktiver – nicht zuletzt weil Sänger Chris Fronzak aka Fronz der Menge mit Ausrufen, wie eingangs geschildert, einheizt.
Weiter geht es mit Tracks, die hauptsächlich ebenfalls auf „About that Life“ und der aktuellen Platte „Guilty Pleasure“ zu finden sind. Breakdown-Massaker wie in „Party with the Devil“ arten in Hardcore-Pits aus, in der mehrere Mosher um die Wette Windmühle spielen.

ATTILA-2Etwa zur Hälfe des Sets schreit ein Fan Richtung Bühne, dass er ein Tattoo der Band auf seinem Glied besäße. Der neugierige Fronz fordert den ahnungslosen Fan, der seinen Spruch wohl als bloßes Coolness-Statement gemeint hatte, auf, die Bühne zu betreten und das Tattoo vor allen zu zeigen. Nach langem Hin und Her, angespielter Motivationsmusik vom Drummer und Gitarristen und peinlichem Grinsen zieht der überrumpelte Fan blank. Jedoch gerade soweit, dass vielleicht sein Vordermann einen Einblick in seine Hose erhaschen kann.
Die Band lacht kurz und schickt den nervösen Fan wieder von der Bühne.
Mit den beiden letzten Songs „Hate Me“ und „Proving Grounds“ wurde erneut das „Don’t give a Fuck“ Image im Mantel obszöner Wortwahl und breakdownlastiger Musik um ein erneutes Mal bekräftigt.

ATTILA-3ATTILA ist und bleibt eine polarisierende Band. Wer auf anspruchsvolle Texte mit tiefergehenden oder auch interpretativen Lyrics steht, ist bei der amerikanischen Party-Metal Formation definitiv am falschen Platz. Breakdown-Liebhaber und Hardcore-Mosher werden jedoch ihren Spaß an diesem Konzert gehabt haben. Technisch gesehen haben die vier Jungs jedenfalls eine professionelle Darbietung ohne jegliche Fehler abgeliefert. Die Menge hatte ihren Spaß und auch ATTILA schienen sehr zufrieden gewesen zu sein. Wer jetzt immer noch nicht überzeugt ist, der sollte sich nach anderen Bands umsehen. Das Genre ist ja zum Glück gut besetzt.

© Fotos von Joshots Music Photography