Architects, While She Sleeps und Fit For An Autopsy. Was für eine Kombination! Wir waren am vergangenen Montagabend im Wiesbadener Schlachthof und berichten euch von einem Konzertabend der Extraklasse.
Hätten bei der Show nicht auch Wolf Down mit von der Partie sein sollen? Richtig, die Hardcore-Formation aus dem Pott hat sich allerdings vor zwei Wochen nach Missbrauchsvorwürfen gegen zwei Bandmitglieder aufgelöst. So lag es an Fit For An Autopsy, den Abend zu eröffnen und die US-Amerikaner machten ihre Sache ordentlich. In einer knappen halben Stunde konnten sie das anfangs noch etwas schüchterne Publikum schnell zu harten Mosheinlagen motivieren und dürften den ein oder anderen Fan hinzugewonnen haben. Mit ,,The Great Collapse’’ hat die Deathcore-Band im Frühjahr ein neues Album veröffentlicht und wird im Herbst mit Trivium und Arch Enemy durch die Vereinigten Staaten und Kanada touren.
Während den ersten Support Act wenige Besucher richtig gekannt haben dürften, war dies bei While She Sleeps definitiv nicht der Fall. Die Briten haben im April ihr Meisterwerk ,,You Are We’’ herausgebracht und bereits im Juni in Aschaffenburg unter Beweis gestellt, was für eine Macht sie live sind. So kommt es nicht überraschend, dass ein Großteil des Schlachthofs die Worte ,,You Are We’’ zu Beginn der Show lautstark mitschreit und ordentlich Bewegung zeigt. Das Quintett spielte nahezu dieselbe Show wie im Juni, als sie mit Northlane auf Doppel-Headliner-Tournee waren. Lediglich auf ,,Civil Isolation’’ mussten ihre Fans an diesem Abend verzichten. Den künstlerisch schönsten Moment des Abends konnten While She Sleeps ebenfalls für sich verbuchen, als zum Intro von ,,Four Walls’’ der Schlachthof von Feuerzeugen und Handy-Lichtern erhellt wurde und viele Fans auf den Schultern anderer Besucher saßen. Ein wundervoller Anblick, der jedem wohl noch lange in Erinnerung bleiben wird. Den Endspurt leitete die DIY-Band mit einem kurzen Linkin Park Intermezzo ein und stimmte vor dem finalen ,,Hurricane’’ den Breakdown von ,,One Step Closer’’ an, um an den verstorbenen Chester Bennington zu gedenken. Einer von vielen Gründen, warum While She Sleeps aktuell zu den wichtigsten und besten Bands in der Core-Szene zählen.
22 Uhr. Zeit für Abriss, Zeit für Architects! Während die Briten im Herbst auf dem ersten Abschnitt ihrer ,,All Our Gods Have Abandoned Us’’-Tour noch einen großen Vorhang aufgehängt hatten, der zu Beginn fiel, gingen es die Metalcore-Pioniere nun etwas schlichter an. Zu dunklen elektronischen Klängen betraten sie die Bühne und nach einem Moment der Finsternis schrie Frontmann Sam Carter im Einklang mit über 2.000 Kehlen die düsteren Zeilen von ,,Nihilist’’ aus sich heraus. Nach bewährtem Muster folgten ,,Deathwish’’ und ,,These Colours Don’t Run’’, dessen Breakdown nicht genug war und so zelebrierte Carter zum letzten Part des Breakdowns eine Wall of Death. Schon die ersten drei Songs des Sets waren eine klare Ansage. So stockte nicht wenigen bereits der Atem. Während auf der Herbst-Tour mit ,,Early Grave’’ und ,,Follow the Water’’ noch zwei alte Songs performt wurden, mussten diese nun Platz machen für ,,Devil’s Island’’ sowie ,,C.A.N.C.E.R’’. Dem musikalisch nahezu perfekten Auftritt tat es auch keinen Abbruch, dass Architects ,,The Devil Is Near’’, den sie der Meeresschutzorganisation Sea Shepherd widmeten, abbrechen und wegen technischer Probleme neustarten mussten.
Wie es sich für eine sozialkritische Band so gehört, bekam auch eine politische Person ihr Fett weg. Hessens Hauptstadt erhob den Mittelfinger und widmete ein lautstarkes ,,Fuck You’’ der britischen Premierministerin Theresa May. Hätte sie dies aus Sam Carters Schreiorgan gehört, hätte sie sich die Sache mit dem Brexit womöglich noch einmal anders überlegt…
Doch der Abend hatte auch positive Botschaften. Gitarrist Adam Christianson wurde 30 Jahre alt und bekam ein Geburtstagsständchen gesungen und von Sam Carter ein Glas Erdnussbutter überreicht. Zum Finale drehten Architects noch einmal so richtig auf und zimmerten mit ,,Gravedigger’’, ,,Gravity’’ und ,,Naysayer’’ Brecher nach Brecher auf. Dass die Briten nicht ohne Zugaben ihre bis dato größte deutsche Headliner-Show beenden, war klar und so erklang nach kurzer Stille das markante Riff von ,,A Match Made in Heaven’’, das dem Publikum noch einmal alles abverlangte.
,,Tom! Tom! Tom!’’ skandierten die Fans nun. Die Band zeigte sich sichtlich stark berührt von dem Fingerspitzengefühl der Fans, dies erst vor dem letzten Song zu tun. Sam Carter erklärte mit stockender Stimme, dass alles, was er und seine Kollegen musikalisch anpackten, für den verstorbenen Gitarristen und Gründungsmitglied Tom Searle sei. Ohne ihre Fans wäre eine Zukunft der Band nach dem frühen Tod von Searle nicht möglich gewesen. Ein großes Dankeschön sprach er Josh Middleton aus, der Searle auf der ,,All Our Gods Have Abandoned Us’’-Tour großartig vertreten hat. Mit dem hochemotionalen ,,Gone with the Wind’’ verabschiedeten sich Architects von der Bühne.
Respekt. Respekt vor dieser musikalischen Leistung. Respekt vor den Mitgliedern von Architects, wie großartig sie mit dem Verlust ihres Freundes und Bruders umgehen. Man kann nur hoffen, dass sie uns als Band so lange wie möglich erhalten bleiben. Wegen der musikalischen Genialität, die sie in die Welt bringen. Und für Tom Searle.
© Fotos von Joshua Lehmann
Wir haben Sean und Aaran von While She Sleeps vor Kurzem interviewt. Schaut euch das Video hier an.