Livereview: Don Broco + Support, Zoom Club Frankfurt, 27.05.2018

Die wohl funkigste Band, die sich selbst noch geringfügig dem Post-Hardcore zuordnet, hat endlich den Weg nach Deutschland gefunden: Im Zuge ihrer jüngsten Veröffentlichung touren Don Broco auf dem Festland und bringen eine Menge Schweiß und Energie auf die Bühne.

Don Broco-1Der Zoom Club in Frankfurt gehört zu diesen Locations, die man sich für intime Auftritte im Kopf behält. Eine minimale Barriere, Barfeeling und ein klitzekleiner Platz zum Austoben charakterisieren den neben der Zeil angesiedelten Veranstaltungsort wohl am besten. Während Don Broco in der UK überall Arenen à la Alexandra Palace füllen können, reichen die Verkaufszahlen gerade einmal für circa 200 Menschen vor der kleinen Bühne. Aufstrebend sind auch die Schotten The Lafontaines, die mit ihrem Midtempo Crossover erste Schweißausbrüche verursachen. Die Band zeigt sich deutlich motiviert, was sich nicht zuletzt in dem wilden Rumgerenne des überaus freundlichen Rappers Kerr Okan äußert. Dieser geht sogar soweit, quer durch das Publikum zu sprinten, mit dem Tontechniker zu tanzen und später Moshpits zu initiieren. Eine alternative Beschäftigung als Motivationscoach kommt direkt in den Sinn, da das Publikum sichtlich begeistert ist und der Band zu Liedern wie „Armour“ mit starkem Kopfnicken und wippenden Armen dankt. Während das Fehlen eines Bassisten bei mir Stirnrunzeln verursacht ist nicht zu leugnen, dass The Lafontaines mächtig Spaß machen und ihr Publikum zu kontrollieren wissen.

Don Broco-3Das derweil überaus aufgeheizte Zoom wird nur 30 Minuten später einem extremen Fitnesstraining unterzogen: Springen, Wall of Death, Circle Pits, Crowdsurfen – alles soll (und wird) in vollem Maße ausgeübt werden. Die live als Quintett auftretende Band Don Broco legt musikalisch direkt wuchtig los und bietet mit der Single „Pretty“ den Soundtrack zum Ausrasten. Die geschickt verpackte Gesellschaftskritik, die auf verschiedenen Liedern des jüngsten Werks „Technology“ wiederzufinden ist, rückt live eher in den Hintergrund, denn es soll getanzt werden. Das die handysüchtige Generation kritisierende Album scheint aber Resonanz gefunden zu haben, da nur wenige dauerhaft filmen oder Bilder machen, wodurch die gesamte Performance umso energetischer wird. Rob Damiani und Kollegen lassen sich vom neuen Umfeld einer kleinen Bühne keine Spiellust nehmen und springen, ähnlich einer Hardcore-Punk Band, wild umher, sodass man Angst bekommen könnte, die einzelnen Mitglieder würden sich noch ihre Köpfe an der niedrigen Decke anstoßen. Auf eine gewisse Art und Weise wirkt die Angelegenheit wie eine etwas aus der Hand geratene Hausparty, bei der eine eklektische Playlist bestehend aus Funk, Post-Hardcore und Electro gewählt worden ist.

Don Broco-1-2Trotz einiger technischer Probleme mit Simon Delaneys Gitarren walzt die Band hoch erhobenen Hauptes durch das knapp 85 Minuten lange Set. Ein besonderer Pluspunkt ist die Verwendung von Live Perkussion und Keyboards, statt nur alles vom Band laufen zu lassen. So wirken Nummern wie „Greatness“ oder auch Sommerhit „Automatic“ besonders transparent und echt. Auffällig ist auch, wie stark jedes einzelne Mitglied an seinem jeweiligen Instrument ist: Die Beats sitzen trotz des parallel im Wechselspiel gestalteten Gesangs zwischen Damiani und Donnelly, die Bassmelodien funkeln oder drücken je nach Song, der Gesang ist durchweg makellos und die Gitarrenarbeit ist sowohl filigran als auch eingängig. Die Spielfreude der Kollegen kommt bei alten Schätzen („Thug Workout“ oder „Priorities“) besonders zum Vorschein und kreiert eine absolute Feieratmosphäre. Bei „Nerve“ kommen starke 80s Gefühle hoch, was durch Damianis retro Kleidungsstil auf witzige Weise an Patrick Swayzes Rolle in Dirty Dancing erinnert. Die teils einen Halbton tiefer modulierten Songs wirken noch dunkler als auf Platte und kreieren dementsprechend einen Bonuskick. Ein weiterer Punkt ist die positive Ausstrahlung, mit der die Gruppe ihr Publikum von der Begrüßung bis zur Verabschiedung durch „Come Out To LA“ und „T-Shirt Song“ entgegnet.

Schweißgetränkt verlassen also die Fans jeglichen Alters den Saal, sichtlich angetan von den durchweg mitreißenden Auftritten beider Bands. Don Broco haben mit ihrem Label Signing bei Sharptone Records endlich mehr Möglichkeiten erhalten, das Festland unsicher zu machen. Und wenn diese intime Clubshow ein Indiz dafür ist, was noch ansteht, darf man sich auf viele durchtanzte Abende und Nächte freuen.