Livereview: Petrol Girls, Oetinger Villa Darmstadt, 12.09.2018

„It was my anger that kept me alive” – ein starkes Statement aus dem neuen Song “Survivor”, den die Petrol Girls bei ihrem Konzert in Darmstadt performen.

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Sängerin Ren Aldridge macht im Vorfeld auf das zentrale Thema des Liedes aufmerksam: Personen, die (sexuelle) Gewalt erfahren haben, sollen nicht länger als Opfer stigmatisiert werden, sondern stattdessen aus dieser Rolle befreit Kraft daraus ziehen, ein „Survivor“ zu sein – „I’m not a victim, I survived!“ Ihrem „anger“ macht Aldridge eindrucksvoll in den Lyrics und einer explosiven Bühnen-Performance Luft. Sie springt, headbangt und stampft auf der kleinen Bühne, während sie zwischen rauen Screaming-Parts und Sprechgesang wechselt. Dabei verkörpern sie und ihre Bandkollegin am Bass, Liepa Kuraité, die zwischendurch mit hoher, zarter Stimme ins Mikrofon haucht, das Band-Programm perfekt: Auf der einen Seite ist da Wut, Stärke, Energie – und doch auch eine tiefe Verletzlichkeit, die ausgedrückt werden will. Am deutlichsten zeigt sich dies wohl in „Sister“, ebenfalls ein Song der neuen EP „The Future is Dark“, die am 14. September veröffentlicht wurde. Aufgebracht ruft die Frontfrau auf der Bühne nach einer „Sister“, um sich anschließend schluchzend zum tiefen Wunsch nach Zusammenhalt und Nähe zu bekennen: „Hold me.“ Es geht um Sisterhood – gelebte Unterstützung, Loyalität und Freundschaft zwischen Frauen und allen, die sich als solche identifizieren.

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An diesem Abend wird klar: Es ist Leidenschaft und Überzeugung, die diese vierköpfige Band aus Bristol/Graz schon seit 2012 auf die Bühnen zahlreicher Clubs und Punkkeller treibt. Die Mischung aus Post-Hardcore, Punkrock und feministischen, politischen Texten fasziniert durchgehend und sorgt für Gänsehaut und andächtiges Lauschen im Publikum. Joe York liefert das passende Gitarrenspiel zu den zwei Frontfrauen, angenehm melodisch, und doch chaotisch-diffus. Währenddessen wird den Drums von Zock Astpai genau das richtige Maß an Schlagkraft einverleibt, um die energischen Vocals zu untermalen, ohne sie zu übertönen. Spätestens beim vierten Song „Harpy“ startet das Publikum den ersten kleinen Moshpit – der Soundtrack, um mit hochgereckter Faust gegen das Patriarchat auf die Straße zu gehen.

Setlist:
Treading Water
Fang
Strike
Harpy
False Peace
Restless
Sister
Survivor
Touch Me Again
Rewild
Slug

© Fotos von Jonathan Schütz