Steile These: Wären The Intersphere Briten und hätten ein paar Akustik-Balladen im Repertoire, wären sie hinlänglich bekannt. Trockene Wahrheit: Ihre Live-Qualitäten können auch ohne große Bühnenshow mit denen von Vorbildern wie Biffy Clyro mithalten.
Eigentlich sind 22 zu gut für einen Support-Slot, selbst im Vorprogramm von The Intersphere. Das norwegische Quartett betritt in verschiedenfarbigen Marine-Jacken die Bühne, legt diese aber schon früh ab, was bei der nüchternen Betrachtung des komplexen Math-Prog-Gemischs ganz und gar nicht verwundert. Frontmann Per Kristian Trollvik klingt wie Matt Bellamy von Muse – also wie ein junger Gott – und könnte mit seinem durchtrainierten Oberkörper und den blonden Haaren den skandinavischen Bachelor mimen. Gitarrist Magnus Bømark sieht dagegen aus wie der Muse-Frontmann und inszeniert sein Gitarrenspiel ähnlich virtuos wie das vermeintliche Vorbild. Die Musik von 22 muss sich dagegen an keinen Vorbildern messen lassen und es ist fast schade, dass 22 nicht der Haupt-Act des Abends sind.
Allerdings nur fast, denn was The Intersphere musikalisch auf der limitierten Bühne des Kesselhauses veranstalten, toppt die Leistungen von 22 noch einmal. Sänger und Gitarrist Christoph Hessler trifft nahezu jeden Ton der mitreißenden Alternative- bis Progressive-Rock-Hymnen, was besonders hervorzuheben ist, schwätzt der Mannheimer doch sonst astreines Kurpfälzisch. In den besten Momenten wie in den vielleicht größten Hits Relations In The Unseen und Thanks For Nothing wünscht man sich das Geschehen auf die größtmögliche Festivalbühne im Dunklen zu einem Chor von Tausenden verfrachtet, das prall gefüllte Kesselhaus tut es für den Moment aber auch. Die harten Metal-Momente vom aktuellen Album The Grand Delusion funktionieren live zudem ähnlich stark wie schon auf der Platte und stehen der Band bestens zu Gesicht. Poppigere Stücke vom Album Relations In The Unseen lockern die zahlreich eingestreuten Riff-Walzer zudem an den richtigen Stellen auf.
Viel Zeit für Ansagen verschwendet Hessler nicht – vielleicht fehlt ihm dafür aber auch noch die Energie, denn nach ihrem Auftritt auf dem Reeperbahn Festival am Wochenende zuvor sei die ganze Band erkrankt, wie er gen Ende der Show erzählt. Ihre geplanten Shows haben The Intersphere dennoch absolviert, was einen Gesund-spielen-Effekt gehabt habe, so Hessler. Vorwerfen kann man der Band lediglich, dass sie ihre besten Songs gleich zu Anfang verbrät, was einen leichten Spannungsabfall im letzten Drittel der 90 Minuten Showtime zur Folge hat. Dass The Intersphere nach dem Tourzyklus von The Grand Delusion erstmal nichts von sich hören lassen, scheint unwahrscheinlich. Denn wie Hessler selbst feststellt, feiert das zweite Album Interspheres >< Atmospheres kommendes Jahr sein zehnjähriges Jubiläum.
© Fotos von Valentin Krach