Livereview: Mine + Support, Schlachthof Wiesbaden, 20.10.2022

„Schwingt eure Regenbogenflaggen liebes Mainz, liebes Wiesbaden, hier kommt Katzen“. Ein Jahr später als geplant ist Mine mit ihrer bislang aufwändigsten Produktion in ihre ehemalige Heimatstadt – beziehungsweise in die gegenüberliegende Landeshauptstadt – zurückgekehrt.

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Die ursprünglich für den vergangenen November angesetzte Tour hatte Mine alias Jasmin Stocker nicht nur aufgrund der damals noch unsicheren Lage hinsichtlich Konzerten, sondern auch aufgrund der Geburt ihrer beiden Kinder kurz zuvor verschoben. Dass sie ihr vor anderthalb Jahren erschienenes Album Hinüber nun endlich live vorstellen kann, entfache bei ihr noch immer Ungläubigkeit und einen erhöhten Serotonin-Ausschuss. Nachdem Madanii den Schlachthof mit selbstgebastelten Beats und darübergelegtem Gesang aufgewärmt hat, schreitet Mine nach einem mehrminütigen Intro und nachdem ein Streicher-Sextett die Bühne betreten hat, zum Hinüber-Closer Unfall in fast schon dramatischer Zeitlupe auf die Bühne. Zum Hinüber eröffnenden Titeltrack fällt schließlich der schwarze Vorhang und gibt das üppige Bühnenbild frei. Das besteht aus mehreren zerschnittenen Laken, auf die während der Show per Beamer aufwändige Visuals gestrahlt werden. Das passt nicht nur wunderbar zum ganz eigenen Stil von Mine, sondern wird ihr als Deutschpop-Galionsfigur und modische Stilikone gerecht.

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Während viele Bands und Künstler*innen aktuell Probleme mit schlechten Ticketvorverkäufen haben, ist der Schlachthof mindestens so gut wie bei ihrem bislang letzten Auftritt 2019 gefüllt. Auch deswegen strahlt Mine im Anschluss an Hinüber übers gesamte Gesicht, bevor sie zur ersten Anekdote des Abends ansetzt. Da sie bis 2017 für zehn Jahre in Mainz gewohnt hat, sei eine Rückkehr ins Rhein-Main-Gebiet für sie eine Herzensangelegenheit, was nicht nur ihr, sondern auch dem aus vielen ihrer damaligen Weggefährt*innen bestehenden Publikum den gesamten Auftritt über anzumerken ist. Nach dem inklusive Dudelsack vorgetragenen Du kommst nicht vorbei nimmt Mine das Tempo raus und spielt einen noch unveröffentlichten und erst vor wenigen Wochen geschriebenen Song. Die tieftraurige Ballade ist ihrer verstorbenen Mutter gewidmet und reflektiert neben ihrem Ableben auch, dass Mine inzwischen selbst Mutter geworden ist, bevor der Song zum Finale in dramatischen Streichern aufgeht. Zur Auflockerung erzählt Mine anschließend von ihren ersten Auftritten in Mainz, bevor sie das Gesangssample von Hinterher zusammenbaut und es auch musikalisch weitergeht.

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Mit Bitter folgt ein gemeinsam mit Live-Gitarrist Haller veröffentlichter Song, ehe Audiot die stärkste Phase des Konzerts einleitet. Zu dem sich schlechten Musikgeschmack widmenden Song tanzt Mine zunächst allein ausgelassen, bevor sie sich ein Dance Battle mit Keyboarder Winfried Rimbach-Sator liefert. Nach dem von Fahrstuhlmusik inspirierten Elefant folgt mit Einfach so inklusive Keyboard-Solo und dem von Bassistin Froni übernommenen HipHop-Part ein weiteres Highlight. Mit Katzen folgt ein älterer Song, zu dem Mine eine weitere Anekdote auspackt. Fronis ehemaliger Mitbewohner hätte geträumt, dass sie einen Song über Katzen schreiben würde, woraufhin sie das Sprichwort „Nachts sind alle Katzen grau“ in einen Song umgemünzt habe. Mein Herz und 90 Grad beenden den regulären Konzertteil, bevor Mine im Vorfeld von Eiscreme Waffeleis im Publikum verteilt. Zum Finale Spiegelbild betritt noch einmal Madanii die Bühne und mit choreografierten Tanzbewegungen beschließen sie und Mine nach anderthalb Stunden einen fantastischen Konzertabend.