Ein halbes Jahr vor Veröffentlichung ihres vierten Albums präsentieren Van Holzen auf Tour nicht nur die Lead-Single Gedanken neu erstmals live, sondern testen auch die Live-Kompatibilität weiterer neuer, noch unveröffentlichter Songs.

Dass das aus Ulm stammende und mittlerweile in Berlin ansässige Trio ein gutes Händchen für seine Support Bands besitzt, hatte es bereits im vergangenen Jahr bewiesen. Damals hatten das Post-Punk-Quartett Lyschko sowie das Pop-Punk-Trio Get Jealous Van Holzen als Vorband unterstützt. Bei allen Konzerten im deutschsprachigen Raum sind dieses Mal Nikra und ihre Band aus Mannheim mit dabei, deren Musik zwischen Wir sind Helden und Heisskalt angesiedelt ist. Der Post-Hardcore-Indie-Rock bewegt sich textlich dabei zwischen persönlichen Abarbeitungen wie dem eigenen Körperbild (leider wenig geschmacklos von einem älteren Herren im Publikum kommentiert) in Wer hat diesen Körper designt? oder politischer Wut. Zum erst vor zwei Wochen veröffentlichten Song Kälte formiert sich dagegen der erste Moshpit des Abends, in den sich die Frontfrau bei der darauffolgenden, von leugnenden Reaktionen auf den Klimawandel handelnden Abrechnung Alles Gelogen stürzt. All das zeugt von einer vielversprechenden Newcomerin, mit deren ersten Album bis zum Start ihrer eigenen Tour im kommenden Jahr zu rechnen ist.

Für die Jahresbestenlisten einplanen kann man hingegen bereits Solang die Erde sich dreht, das für September angekündigte vierte Album von Van Holzen. Neben der live bereits sehr gut angenommenen Single Gedanken neu kann man am Merch-Stand bei einer Pre-Listening-Station („wie früher bei Media Markt“, so Frontmann Florian Kiesling) bereits in weitere Songs hineinhören, die ein sehr vielversprechendes Bild abgeben. Einen weiteren Vorgeschmack liefern Van Holzen in Form von vier weiteren, bislang unveröffentlichten Songs der Platte. Dazu zählt das indierockige 25 mit seiner träumerischen Gitarre, das an Heisskalt erinnernde Süchtig sowie das verschrobene Ein neues Programm.

Während es musikalisch viel Neues gibt, setzt die Band beim Bühnenbild auf Bewährtes und greift wie bei der vergangenen Tour auf extraterrestrische Straßenlaternen zurück, welche die drei Mitglieder jeweils von oben beleuchten. Dazu lassen Van Holzen ihre Songs oftmals von flackernden Lichtern einleiten. Nicht nur visuell holt das Trio das Maximum aus den Gegebenheiten einer Club-Tour heraus, auch der Live-Sound ist wieder fantastisch und verschluckt trotz des extrem lauten Schlagzeugs weder Bass, Gitarre noch Gesang, klingt an den entsprechenden Stellen dafür aber extrem druckvoll.

Die Setlist blickt dabei nicht nur in die nahe Zukunft, sondern enthält bis auf die nach der Band benannte Debüt-EP von allen bisherigen Veröffentlichungen stets mehrere Songs. Zudem spielen Van Holzen alle fünf 2023 veröffentlichten alleinstehenden Singles, die sich schnell zu Fanfavoriten des wieder mal sehr diversen und größtenteils recht jungen Publikums entwickelt haben. Das verwandelt den mitten im Frankfurter Kneipenviertel Sachsenhausen gelegenen Elfer dank zahlreicher Moshpits in solch eine Sauna, dass man Kiesling beim Wort nimmt, wenn er zuerst sagt, dass Frankfurt auf ihren Touren immer ein Highlight darstelle, ehe er wenig später anerkannt, dass dies die bislang beste Show der laufenden Tour sei. Umso besser, dass Van Holzen Ende des Jahres erneut auf Tour gehen wollen, wie Kiesling hinterherschiebt.
© Fotos von Valentin Krach