Zum Start ihres bereits zwanzigsten Bestehensjahres ziehen The Devil Wears Prada mit der passend benannten Eternal-Tour durch Westeuropa. Mit im Gepäck haben sie reichlich Support aus allen Ecken der Welt, auch wenn hier im Vorfeld nicht alles ganz so lief wie ursprünglich geplant. Der Anziehungskraft des Lineups schadet das jedoch ganz und gar nicht, wir waren für euch in der ausverkauften Wiener Szene vor Ort.

Als erstes an den Start geht auf die Sekunde genau um 19 Uhr das nicht mehr ganz rezente Sharptone-Signing Senna, welches für eine halbe Stunde sein Metal-Progressive-Pop-Crossover auf die Bühne bringt. Vor trotz Gaderobenchaos kurz nach Einlass ordentlich gefülltem Publikum pendelt das Mannheimer Quartett zwischen gitarreneloquenten Interludes und an Being As An Ocean erinnernden Spoken Word-Screams hin und her. Vocalist Simon Masdjedi ist dabei um viel Publikumsinteraktion bemüht, man hört ihm eine tiefsitzende Erkältung aber nicht nur bei seinen zwischenzeitlichen Ansagen deutlich an. Zu seinem Glück pausiert die Tour am nächsten Tag vor ihrem bevorstehenden Halt in München. Bassist Fabian Cattarius hingegen klingt in den Backing Vocals klar und fügt sich stimmig ins Gesamtbild, das leider – wohl bedingt durch Masjedis Erkältung – auch von einigen Playback-Vocals abgewertet wird. So richtig Bewegung kommt während des gesamten Auftritts nicht auf, die frühen Vögel unter den Konzertbesuchenden lassen sich aber durchaus zu von der Bühne aus häufig geforderten Handbewegungen hinreißen. Den Bandmitgliedern ist anzumerken, dass es nicht ihr erstes mal auf einer Europatour ist, sie spielen routiniert ihr Programm ab, kündigen noch schnell das weitere Abendprogramm an und verlassen ohne große Worte die Bühne.

Nach der vielleicht kürzesten Umbaupause, die die heute Abend bespielte Venue in Wien-Simmering je gesehen hat, sprintet auch schon Ocean Grove-Frontmann Luke Holmes auf die Bühne. Der Vocalist der Melbourner Nu-Metalcore-Truppe lässt sich den ganzen, ebenfalls halbstündigen, Auftritt vor allem als eins bezeichnen: energiegeladen. Dem tut auch keinen Abbruch, dass die Band eigentlich nur spontan eingesprungen ist: SeeYouSpaceCowboy verabschiedeten sich wenige Wochen vor Tourstart vom Lineup. Durch die ersten drei Songs hindurch springt Holmes regelrecht nur von A nach B, die teils gerappten und teils gescreamten Parts holen das Publikum dabei etwas mehr ab als die der Vorgänger. Zum vierten Song Raindrop tauschen er und Bassist Twiggy Hunter dann die Rollen, dessen Vocals klingen dabei in starkem Kontrast eher nach Midwest Emo als die von Holmes, auch wenn das Ganze überraschend stimmig wirkt. Daraufhin wird wieder viel Publikumsinteraktion gefordert, von vielen Handbewegungen bis zu Handy-Flashlights bei Last Dance ist alles dabei. Auch das erste große Pit des Abends startet beim letzten Song Junkie$, vor dem Holmes nochmals das typische Shoutout an die anderen Bands auf dem Lineup gibt. Während der Strophen klingt er dabei etwas nach Fred Durst, und auch hier ist wieder pünktlich Schluss, denn es bleibt auch diesmal wieder wenig Zeit um die Drums von der Bühne zu rollen.

Nach erneut kurzweiligen 15 Minuten eilt dann der letzte Opener des Abends Kingdom of Giants auf die Bühne. Der Sound war auch vorher schon, wie üblich für die Szene als eingespielte Metalcore-Venue, überdurchschnittlich, aber hier klingt alles gleich vom ersten Track Asphalt an nochmal etwas polierter. Die vielleicht größte US-Metalcore-Band ohne englisch- oder deutschsprachige Wikipedia-Page hat mit ihren fünf Köpfen auf der platzmäßig engen Bühne eine starke Bühnenpräsenz und auch das Publikum wird zusehens motivierter, auch wenn die während des Sets drei mal geforderten Wall of Deaths immer noch mittelgradig ergiebig sind. Die beiden Gitarristen Stephen Martin und Max Bremer sind dabei bis auf wenige Momente relativ statisch und halten sich im Hintergrund, was der Stimmung aber keinen Abbruch tut, denn gerade Frontmann Dana Willax ist von Beginn an, ähnlich wie bei den Vorgängern von Ocean Grove, ein stetiger Aktivposten. Vor allem bei den unclean Vocals sticht er dabei an diesem Abend aus all seinen Vorgängern heraus. Er ist es auch, der die Ansagen an das Publikum macht – beim fünften Song Smoke sogar relativ kreativ, als die Ankündigung direkt in den gesungenen Songtitel übergeht. Den live starken Song Scorpion widmet er Ocean Grove, während sich Bleach, der älteste Song der Setlist, natürlich an die Fans aus alten Tagen wendet. Auch hier gibt es wieder viele Shoutouts und es ist zunehmend mehr Energie von der Menge zu spüren, der letzte Song Wayfinder – wieder mit Taschenlampen – nimmt diese aber bewusst wieder heraus, schließlich spart wohl jede:r im Publikum noch etwas Kraft für den Headliner.

Drei Stunden nach Einlass ist es dann schließlich so weit und nach einem langen Intro vom Band betreten nach und nach die sechs Musiker von The Devil Wears Prada die ausverkaufte und mittlerweile auch brechend volle Venue. Mit der Lead-Single von Dead Throne (2011), Mammoth, machen sie auch gleich keinen Hehl aus ihren Ambitionen für diese Tour: es wird den ganzen Abend bei über einer Dekade alten Songs in Erinnerungen geschwelgt und zu neuem Material die musikalische Entwicklung der Band gefeiert werden. Watchtower steht dann gleich emblematisch dafür, dass auch TDWP-Alben aus diesem Jahrzent noch enorm energetisch sein können, denn wer sich anfangs vielleicht noch gefragt hat, ob das Publikum etwas müde geworden ist, wird gleich eines besseren belehrt. Das live wirklich besonders starke Danger: Wildman folgt nach einer äußerst kurzen Begrüßung von Gitarisst und Clean-Vocalist Jeremy DePoyster, der sich später aber noch Zeit für Monologe lassen wird. Born To Lose ist ein weiterer Song aus CD-Player-Zeiten, DePoyster ist sich nach diesem aber nicht zu schade, das Publikum nochmals um mehr Energie für das folgende, neuere Material zu fordern.

Mit Salt ist das aktuelle Album Color Decay dann ein zweites Mal vertreten – es wird natürlich heute Abend am häufigsten bespielt. Es folgt eine kurze Umbaupause, Unclean-Vocalist Mike Hranica verliert seinen Rollkragenpullover um sich für Broken eine Gitarre überzustreifen. Nach den zwei Mitsinghymnen mit Breakdown verliert sich DePoyster dann etwas in einem Monolog, welche Venues die Band in Wien schon als Headliner bespielt hat, ein Gürtellokal muss aufgrund seiner Beschreibungen aber auf jeden Fall dabei gewesen sein, auch wenn ihm der Name leider entglitten ist (unsere Recherche ergab einen Chelsea-Gig circa 2013, in welchem die Band noch als „Christian Metalcore“ bezeichnet wurde – lang ist’s her). Nach dieser Interlude geht es weiter mit der neusten Single Ritual, die sich auch gut auf eine Live-Bühne überträgt. Reasons in der bandeigenen Version sowie Noise runden dann diesen moderneren Block mit etwas mehr Klargesang als im sonstigen Material ab, was aber auch für den stetig über die Bühne eilenden Hranica keine Verschnaufpause bedeutet.

Seine Rolle soll jetzt auch noch größer werden, denn mit Nightfall von ZII wird der letzte Teil der Setlist eingeläutet, der nochmals enorm Möglichkeit zum Kraftreserven aufbrauchen gibt – für diesen Song kommt auch Masdjedi von Senna für den Breakdown wieder auf die Bühne um das letzte bisschen Stimme aus seinem Kehlkopf zu kratzen. Eine verkürzte Version von Escape ist dann ein weiteres Zuckerl aus der Zombie-Anthologie, die damit leider schon ihren Abschluss findet. Fans die zu diesen alten Sternstunden der Band den Soundtrack für ihre Teenager-Jahre gefunden hatten kommen aber dennoch noch auf ihre Kosten, denn Dez Moines hat es zum Glück wieder auf die Setlist geschafft. Der letzten Ansage von Hranica – nach einer kompletten Bandvorstellung durch DePoyster – geht noch der Mitsing-Schlager Chemical voraus, ehe Sacrifice mit dem größten Pit des Abends jede:n nochmal aus der Trance reißt. „One old song, one new song“ hatte Hranica versprochen und die Band hält dieses Versprechen auch, denn Hey John, What’s Your Name Again? dürfte mittlerweile Auto fahren. Heute Abend läd es aber zu einer letzten Wall of Death ein, nach welcher die Band zügig die Bühne verlässt – es sei ihr nach dem energetischen Auftritt auch wirklich gegönnt.