Interview mit Protector

Frühlingswetter im Winter, kein Schnee in Sicht und kaum eine neue Scheibe zum
hören. In 4 Wochen erscheint der 6. Longplayer der deutsch-schwedischen Thrash-
Metal Formation PROTECTOR, die nunmehr (mit einer Unterbrechung) seit 30 Jahren
existieren. Das Quartett nahm sein Album ”Cursed and Coronated” im legendären
Sunlight-Studio auf und liess es von dem noch legändereren Tomas Skogsberg
produzieren. Skogsberg hat in den glorreichen Death-Metal – Zeiten (1988 – 1992)
neben Dismember auch Entombed, Grave, Tiamat oder Amorphis – Alben produziert.
Das Mastering des neuen PROTECTOR-Albums wurde zudem vom Patrick Engel
vorgenommen. Engel arbeitete schon für Iced Earth, Exodus oder Nuclear Assault. Das
Cover wurde vom schwedischen Künster Kristian Wahlin gezeichnet, der auch schon
für Musikgrößen wie Bathory tätig war.

ShoutLoud sprach, nicht nur wegen des Wetters, mit Frontmann Martin Missy, der vor
einigen Jahren Wolfsburg verließ um in der Heimat seiner Mutter, in Schweden,
beruflich und privat neu durchzustarten. Das PROTECTOR aber irgendwann wieder
existieren werden, ahnte sicherlich kaum einer, denn mit Erscheinen des Albums ”The
Heritage” (1993) war keiner der Gründungsmitglieder mehr dabei. Auch wenn Martin
Missy kein Gründungsmitglied der VW-Stadt – Combo war, er ist sicherlich bis heute
”Mr. Protector”.

 

Hej Martin!
In wenigen Wochen erscheint der langersehnte Longplayer „Cursed and
coronated“ (High Roller Records), den ihr schon im Sommer 2015 angekündigt
habt. Wie sind Eure Erwartungen?

Unsere Erwartungen sind natürlich sehr, sehr gross, vor allem weil die Wartezeit ja
nun leider ziemlich lang gewesen ist. Da hat sich einiges an Nervosität und
Anspannung angesammelt. Wir haben zwar bereits ein paar erste, ziemlich positive
Plattenkritiken zu unserer neuen Scheibe erhalten, für die wir selbstverständlich sehr
dankbar sind, aber die wichtigste Frage für uns ist wie immer: Wie werden die Fans
auf die neue Scheibe reagieren? Ab dem 26.2. wissen wir mehr. Es ist eine sehr
nervöse Wartezeit…

Beim Album „Reanimated Homunculus“ von 2013 ist der „Golem“ des
gleichnamigen Albums von 1988 wieder auferstanden. Wer steht denn im neuenPROTECTOR-Cursed-and-Coronated-LP
Album auf? Immerhin gab es 1989 „Urm“ aus einem französischen Comic und
1991 die Mini-EP „Leviathan´s Desire“. Ist Leviathan wieder da oder ist Urm
wieder da?

Dieses Mal ist es der gute alte Urm. Er stirbt ja eigentlich in dem Comic ”Urm le Fou”
von Philippe Druillet, aber das hat uns auch diesmal nicht davon abgehalten, ihn für
unser neues Album erneut auferstehen zu lassen. Falls wir noch ein weiteres Album
aufnehmen werden, zweifle ich jedoch daran, dass wir den Leviathan wieder aufleben
lassen. Ich denke dann wäre es mal wieder Zeit für ein neues Thema, Hahaha.

Ihr könnt aus beruflichen und familiären Gründen leider sehr wenig auf der
Bühne live Eure Songs zum Besten geben, habt dennoch mit einigen Festivalgigs
wie dem Party.San, dem Chronical Moshers oder dem Obscene Extreme in
Tschechien einige neue Fans hinzugewonnen – exakt diejenigen, die schon
früher sagten „außer Kreator und Sodom gibt es kaum guten deutschen
Thrash“. Nervt Euch dieser Vergleich?

Nein, der nervt nicht. Ich weiss ja ganz genau dass wir zu der ”zweiten Welle des
deutschen Thrash” gehören. Destruction, Kreator und Sodom haben ja bereits 1984 /
1985 ihre ersten EPs / LPs herausgebracht. Wir sind ja erst 1987 mit unserer ersten EP
durchgestartet. Protector sind eher eine Underground-Band geblieben, und das
gefällt uns auch so.

Apropos Sodom, Tom Angelripper hat 1988 beim Song „Space Cake” auf dem
Golem-Album mitgewirkt, dieser Onkel Tom war es, der Euch 2009 zum
„Witchhunter Tribute“ – Gig einlud. Wie ist der Kontakt zu anderen Bands, vor
allem aus der „ersten“ Protector-Zeit?

Der Witchhunter Tribute Gig war der absolute Hammer! Aber um ehrlich zu sein
haben wir nicht allzuviel Kontakt mit den anderen (Thrash)Bands von damals. Tom
kenne ich noch am besten. Habe ihn damals über unseren Drummer Michael Hasse,
der einige Zeit lang den Sodom Fanclub betreut hat, kennengelernt. Wenn ich bei
einem Sodom-Gig bin, gehe ich meist zu ihm hin, wir reden ein wenig und trinken
vielleicht ein Bier zusammen. Aber zu den anderen besteht wie gesagt leider kaum
Kontakt.

Du lebst seit vielen Jahren in Schweden und hast dort auch Familie. Warum
sprichst Du auf der Bühne deutsch, wenn Ihr in Schweden spielt? Die Zuschauer
verstehen sicherlich kein Wort.

Hahaha, ich weiss ehrlich gesagt auch nicht mehr, wie es dazu gekommen ist. Ich
glaube ich wollte einfach mal antesten, wie es ist, in Schweden die Songs halt nicht
auf schwedisch oder englisch anzukündigen, sondern halt auf deutsch. Und irgendwie
ist es dann dabei geblieben. Die meisten im Publikum verstehen, ausser vielleicht ein
paar Wortfetzen, wirklich nicht viel von dem was ich sage. Trotzdem scheint das
schwedische Publikum immer viel Spass daran zu haben, wenn ich auf der Bühne
deutsch spreche. Das ist mittlerweile eine Art Markenzeichen geworden.

Glaubst Du, Protector hätten in früheren Jahren größere Erfolge feiern können,
wenn die Plattenfirma mehr getan hätte? Schließlich ging es damals nur über
die Magazine und die Anzeigen in diesen waren für eure neuen Scheiben immer
nur ¼ – Seite und diese wurde noch mit einer anderen Platte aus diesem Label
geteilt.

Ich denke es ist eine Kombination aus dem was du sagst, und der bereits
angesprochenen ”späten Geburt” von Protector. Atom H waren ja ein ziemlich kleines
Label, mit einem sicherlich begrenzten Budget. Klar haben wir damals schon ein
wenig mehr erwartet, aber aus heutiger Sicht heraus kann ich es schon verstehen,
dass da marketingmässig nicht mehr passiert ist. Wenn wir unsere erste EP bereits
1984 veröffentlicht hätten, und dann noch auf Steamhammer oder Noise…wer weiss
was dann noch alles passiert wäre?

Ihr seid vor einigen Jahren in Koblenz beim „20 Years of total Desaster “ auf
einem Schiff aufgetreten. Habt Ihr außer dem Schiff und eine Metalkneipe noch
mehr von Koblenz und dem Mittelrhein zu sehen bekommen?

Leider nicht. Meine Bandkollegen sind damals, wenn ich mich recht erinnere, über
Frankfurt-Hahn an- und wieder abgereist. Wir waren zuerst in der Kneipe
Florinsmarkt, wo ziemlich grosse Mengen an Bier konsumiert wurden, dann ab ins
Hotel, am nächsten Tag mehr oder weniger gleich zum Schiff, von dort nach dem Gig
wieder ins Hotel, und dann nach Hause. Ich hatte übrigens einen dermassen grossen
Kater von dem Florinsmarkt-Besäufnis, dass ich bis kurz vor Beginn unseres Gigs
nichtmal sicher war, dass ich überhaupt würde auftreten können.

Wie sehen die Planungen für 2016 aus? Gibt es außer dem „Protzen Open Air “
noch andere Stationen in Deutschland wo man Euch bewundern könnte?

Bis jetzt sind noch keine weiteren Gigs in Deutschland 2016 gebucht. Mal schauen
was nach der Veröffentlichung von ”Cursed and Coronated” eventuell noch kommt.

Gibt es ein Ritual vor jedem Gig? Außer vielleicht das ankleiden des
obligatorischen „Old School Nagel-Killerarmbandes“?

Das ist in der Tat wohl so ziemlich das einzige Ritual dass es gibt. Anshliessend geht’s
auf die Bühne und dann gilt ”Feuer frei!”

Du bist musikalisch sehr vielseitig. Passt bei Dir (abgesehen von der Familie) der
Spruch „Music is my first love“?

Das stimmt. Die Musik hat mich durch mein gesamtes Leben begleitet. Das singen
von Volksliedern zusammen mit meinem Vater und meiner Schwester in den 70ern,
das anhören von den Rock’n’Roll Scheiben meines Vaters, die ersten Bekanntschaften
mit Alben von AC/DC, Motörhead und Venom, und natürlich das singen in einer
Anzahl von Bands…das alles hat mich sehr geprägt. Heutzutage singe ich, ausser bei
Potector, noch in der Doom/Stoner Band Obrero, mit der wir 2011 und 2015 jeweils
eine LP herausgebracht haben. Bis vor 3-4 Jahren war ich auch noch in der Thrash
Metal Band Talion, und der Death Metal Band Phidion als Sänger mit dabei.

Zum Abschluss nochmal eine Frage zum neuen Album. Gibt es einen
Lieblingssong auf der Scheibe? Lassen wir den von Dir geschriebenen Titelsong
mal raus.
Das ist schwer zu sagen…aber ich würde ”The Dimholt” sagen. Der Song geht richtig
gut ab, finde ich.

Martin, vielen Dank für das Interview. Wir sehen uns sicherlich bald auf ein
kühles blondes 😉

Vielen Dank dass du das Interview mit mir gemacht hast, Jörn. Wir sehen uns! \m/

Protector Pressefoto

Protector – Discographie :

1987 EP Misanthropy
1988 LP Golem
1989 LP Urm the Mad
1990 EP Leviathan´s Desire
1991 LP A Shedding of Skin
1993 LP The Heritage
2013 LP Reanimated Homunculus
2016 LP Cursed and Coronated

Protector – Song ”Cursed and Coronated”
https://soundcloud.com/high-roller-records-2/protector-cursed-and-coronated

Protector – Livevideo