Livereview: Fewjar, Das Rind Rüsselsheim, 10.11.2016

Dass man als Band auf der allerersten Tournee mehrere Konzerte ausverkauft hat, ist eine Besonderheit. Fewjar haben es geschafft und wir haben uns ein Bild von der Debüttournee der Berliner Polygenre-Vertreter gemacht.

Polygenre, dieser Begriff ist eine Schöpfung von Jakob Joiko und Felix Denzer, dem Duo, das hinter Fewjar steht. Die Musik von Fewjar lässt sich in kein richtiges Genre stecken, daher haben die beiden kurzerhand selbst einen Namen für ihr Genre geschaffen, das Electro, 80s, Rock, Progressive, Psychedelic, Crossover, Triphop, Indie und Pop zu einem Genre formatiert. Einen größeren Bekanntheitsgrad konnte die Band durch YouTube-Videos auf ihrem gleichnamigen YouTube-Kanal bekommen. Ca. 75.000 Zuschauer haben die Jungs mittlerweile abonniert und lassen sich von Behind-the-Scenes Videos, Roomsessions, Musikvideos oder Making Ofs unterhalten. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass Fewjar keine Blogger sind, die beschlossen haben, Musik zu machen. Sie sind Musiker, die beschlossen haben, zu bloggen. So hat es bis zum dritten Album ’’Until’’ gedauert, bis die Band auf Tour kommt. Doch für die Fans hat sich das Warten gelohnt.

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Es ist noch früh am Abend, als die ersten Fans vor dem ausverkauften Rind eintrudeln. Lange vor dem für 18:30 Uhr geplanten Einlass hat sich eine lange Schlange vor dem Club gebildet. Als die Band um 19:30 Uhr die Bühne betritt, ist der Schuppen rappelvoll. Mit ihrem bekanntesten Song ’’Cepheus’’ eröffnen Fewjar ihre Show sehr atmosphärisch. Auf der Bühne befinden sich außer Jakob und Felix jedoch noch drei weitere Musiker. Für ihre Liveauftritte konnten die beiden Synthie-Nerd Andre Moghimi sowie Drummer Davis Schulz gewinnen. Die Stellung am Bass hält Michael Goldmann.
Am Anfang seiner Performance haut das Quintett mit ’’Lo’’, ’’Token’’, ’’Gemini’’ und ’’Apart’’ einen Kracher nach dem nächsten heraus. Auf ihrer Tournee spielen Fewjar jedoch nicht nur eigene Songs. ’’Token’’ ist ein Mhokomo-Werk. Mhokomo ist das Nebenprojekt von Sänger Jakob und Keyboarder Andre. Die beiden haben vor wenigen Monaten mit ’’You’re here’’ ihr Debütalbum veröffentlicht. Im Vorfeld des Konzertes konnten wir Jakob und Felix für ein Interview gewinnen, in dem sie ankündigten, nicht nur eigene Songs zu spielen, sondern sich am gesamten Potpourri aller Künstler, die auf der Bühne stehen, bedienen zu wollen. Dies konnten die Zuschauer bereits früh feststellen.

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So durfte auch Sänger Felix einen eigenen Song seiner Platte, die noch unbetitelt ist und 2017 erscheint, präsentieren. Dieser Track konnte durch einen starken Bass-Sound und fette Electro-Parts überzeugen und dürfte bei jedem im Publikum Vorfreude auf das Album ausgelöst haben. Der Mittelteil der Show wurde größtenteils mit neuen Fewjar-Songs aus ’’Until’’ gefüllt. Doch auch eine absolut grandiose Live-Performance von ’’S.p.a.m.’’ inklusive dem Feature von Tommy Blackout sowie eine leider verlangsamte Version von ’’Tapirsupper’’ fanden ihren Weg ins Rüsselsheimer Rind. Mit ’’Onyx’’ und ’’Levitation’’ beendeten Fewjar ihr Set, kehrten jedoch kurze Zeit später auf die Bühne zurück, um mit ’’Two Orbits’’ und dem großartigen ’’Indigo’’, dem live leider die Stimme von Feature-Gast Michael Schulte fehlte, zwei Zugaben zu performen. Diese sollten jedoch nicht genug sein, denn eine weitere Zugabe in Form von ’’Polemonium’’, einer wunderbaren Ballade, folgte und endete in einem wilden Progressive-Meer, das sogar einige wenige zum kurzzeitigen Moshen animieren konnte. Nach 1:45 Stunden verließ die Band endgültig die Bühne und kündigte sich für den Merch-Stand nach der Show an.

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Fewjar haben eine Show abgeliefert, die überzeugen konnte. Dazu trug auch eine sehr gute Lichtshow bei, die die Atmosphäre der einzelnen Songs hervorragend einfing. Sicherlich müssen die Musiker insgesamt noch an ihrer Live-Performance arbeiten, die Setlist hier und da etwas ausgewogener gestalten und auch die Qualität ihrer Ansagen noch etwas steigern. Doch dafür ist noch genug Zeit. Musikalisch konnte das Duo, das auf der Bühne zum Quintett angewachsen ist, absolut überzeugen.
Auf ihrer Debüttournee füllen 80% weibliche Fans im Teenager-Alter die Clubs, was die Band definitiv nicht verdient hat. Gekicher bei jeder Ansage wirkt doch etwas falsch und so kann man nur hoffen, dass Fewjar mit ihrer Musik, die definitiv nicht leicht konsumierbar ist, noch mehr Anklang finden, um ein ausgewogeneres Publikum auf der nächsten Tournee vorzufinden. Für den Anfang ist es aber mehr als erfreulich zu sehen, dass Fans – ganz egal welches Alter – zu ihren Konzerten kommen.

© Fotos von Valentin Krach