Livereview: Milliarden + Support, Kesselhaus Wiesbaden, 02.03.2017

Nach der Tour ist vor der Tour. Nur wenige Monate nach ihrer ,,Betrüger’’-Tournee gehen die deutschen Indie-Durchstarter Milliarden erneut auf umfassende Deutschland-Tournee. Wir waren beim Kick-Off der Tour in Wiesbaden vor Ort.

Vorband (1 von 1)

Als um 20:15 Uhr das Kesselhaus sein Licht behutsam dunkler werden lässt, haben es erst wenige Besucher in den charmanten Club beim Kulturzentrum Schlachthof e.V. geschafft. Das Leipziger Trio SAFI lässt sich davon nicht beeindrucken und gibt auf der Bühne direkt Gas. Optisch können die Ostdeutschen direkt überzeugen. Frontfrau Safi tritt mit schwarz angemalter Stirn auf und erweckt so einen leicht gruseligen Eindruck. Musikalisch bewegen sich die Drei auf einem ähnlichen Level – können damit allerdings nur bedingt überzeugen. Tage später fragt man sich, welche Art von Musik die Band denn nun nochmal gespielt hat. War es Industrial, war es Rock oder war es einfach nur simpler Krach? Diese Frage lässt sich nicht so leicht beantworten. Zumindest war das Kesselhaus am Ende der Support-Show deutlich besser gefüllt.

Milliarden (1 von 2)

Nach der wenig begeisternden Vorgruppe breitete sich im Publikum breite Euphorie aus und Milliarden münzten diese direkt in Ekstase auf der Bühne um. Mit ,,Blitzkrieg Ballkleid’’ stürmte das Quintett mit einem ihrer wildesten Songs die kleine Bühne. In ihrer Musik finden sich sowohl laute und schnelle Rock-Nummern als auch leise, pointierte Indie-Songs. Mit einer sehr ausgeglichenen Setlist spiegelten die Berliner beide Seiten ihrer Musik wieder. Dabei feierte mit ,,Friedrichsdorf’’ ein Song vom Debütalbum ,,Betrüger’’ seine Premiere. Überhaupt spielten Milliarden alles, was sie bislang veröffentlicht haben. Sowohl die EP ,,Kokain und Himbeereis’’ als auch ,,Betrüger’’ wurden komplett in die Setlist integriert. Dass die Band dabei eine komplett andere Liveshow bot als noch im Vorjahr, ist ebenfalls als großer Pluspunkt anzumerken, nicht jede Band sieht dies als Selbstverständlichkeit an.

Milliarden (2 von 2)

Die beiden Frontmänner Ben Hartmann und Johannes Aue zeigten dazu im Dialog mit dem Publikum jede Menge Humor. In der Vergangenheit kam es bei den Deutschrockern zu manchen Unfällen und Verletzungen auf der Bühne. Jeder Besucher einer Milliarden-Show solle deshalb ,,doch bitte einen Erste-Hilfe-Kasten’’ zum Konzert mitnehmen. Obwohl die Fastnacht einen Tag vor der Show am Aschermittwoch begraben wurde, zeigte sich das Wiesbadener Publikum sehr feierwütig und stimmte sicher den ein oder anderen Moshpit an. Ihr reguläres Set beendeten Milliarden mit ,,Schall & Rauch’’. Im Zugabenblock gab es anschließend eine weitere Premiere. Statt punkigem Indie fand’ nun Electro Einzug ins Kesselhaus. Nach einem ironischen Electro-Remix von ,,Betrüger’’ rissen die Berliner Durchstarter mit ,,Ende Neu’’ die Bühne ab, um mit ,,Freiheit is ne Hure’’ ihren bekanntesten Evergreen zum Schluss zu spielen.

Milliarden gehören zu einer starken Gruppe deutschsprachiger Newcomer. Ihr vom Punk inspirierter Indie-Rock bringt dank sehr gut geschriebener Texte eine frische Note in die deutsche Musiklandschaft und auch live wissen die Jungs, wie sie das Publikum zum Eskalieren bringen können. In 75 Minuten gab das Quartett alles und ließ glückliche und geschwitzte Gesichter zurück. Nach der Show nahm sich die Band zudem viel Zeit für jeden Fan und schrieb fleißig Autogramme und ließ sich mit ihren Jünglingen ablichten. Danke für alles, Milliarden!

© Fotos von Valentin Krach