Interview mit Shrimpfield

Jul und Pascal essen gern. Am liebsten biologisch vertretbares Rumpsteak (medium), krosse Hähnchenhaut, ausschließlich aus biologischer Freilandhaltung, oder auch einfach nur einen schönen gemischten Salat, selbstverständlich nur mit saisonalen Zutaten. Nach einigem hin und her Überlegen war der Name „Rumpsteakmediumfield“ oder „Insalatamistafield“ dann aber leider nicht annähernd so einprägsam wie „Metallica“. Deshalb nannten sie sich Shrimpfield.  Auch wenn die Meeresspezialität Teil ihres Namens ist, verkaufen die beiden weder feine Fischpaste noch zarte Garnelen . Sie führen uns vielmehr auf die kulinarischen Pfade mancher vergessener Popsongs und legen diese mit knackigen Poppunk-Riffs neu auf. Auch wenn die beiden sich in den Musikvideos ihres Youtube-Projekts gerne mal zum Affen machen und zu den Klängen von Totos „Africa“ als schwarze Bulldogge durch die Wüste hüpfen, sind die Shrimpfield-Cover für jeden Poppunk-Liebhaber einen Klick wert. Wie die musikalische Zusammenarbeit von Jul und Pascal, die sich aus der Band Joy Became Clear kennen, trotz 650 Kilometern Entfernung funktioniert und daraus eingängige Poppunk-Cover mit ulkigen Videos werden, lest ihr im Interview.

SL: Nachdem ihr ja beide einige Jahre mit Joy Became Clear eigene Songs gemacht habt, geht es jetzt ans Covern von alten Klassikern. Was war eure Motivation dafür?

Bereits in der Zeit vor Joy Becam Clear befasste sich die Hälfte unseres Projekts (Jul) mit der Materie der „Lied(sub)optimierung“. Dieser Wissenschaftsbereich ist sehr geschmacksorientiert und enthält diverse Variablen. Es gibt keinen perfekten Coversong. Das liegt immer im Auge des Betrachters, oder vielmehr im Ohr des Behörers. Die Affinität zur Umgestaltung eines Songs innerhalb des eigenen Lieblingsgenres wurde auch bei Joy Became Clear weitergeführt. Hierbei waren zu Beginn Klassiker wie „I Kissed a Girl“ oder „International You Day“ unter die Räder gekommen. Neben Eigenkompositionen war auch das extrem live-kompatible „You’re the Voice“ von John Farnham an der Reihe, ein echtes Evergreen. Als dann 2016 die Formation JBC  in ihren obligatorischen Dornröschenschlaf versetzt wurde, war für uns beide klar, dass wir jetzt bei den Klassikern der 80er und 90er hängen geblieben waren. Also begannen wir, wenn auch geografisch getrennt, weiter zu zweit Musik zu machen. Als „alte Songwriterhasen“ konnten wir es dennoch nicht lassen, auch weiterhin eigene Songs zu schreiben und aufzunehmen. Die schieben wir schlitzohrig zwischen die Cover und lachen uns hämisch ins Fäustchen, wenn es keinem auffällt. „Riding on Dreams“ ist zum Beispiel der neueste Streich aus eigener Schmiede.

SL: Shrimpfield nennt ihr euer neues Projekt und habt die Shrimps auch noch im Logo versteckt. Esst ihr beide die einfach gern oder steckt da mehr dahinter?

Hinter unserem Namen „Shrimpfield“ steckt ein recht langer und sehr theoretischer Prozess, basierend auf verschiedenen Faktoren aus Luft- und Raumfahrt. Wir haben uns so manche Nacht mit diversen Gerstensäften um die Ohren gehauen, um letztendlich festzustellen, dass unsere Herangehensweise eher von suboptimaler Erfolgsgarantie geprägt war. So stellten wir nämlich fest, dass uns jeglicher Bezug zu mathematischer Berechenbarkeit fehlt und auch die Thematik Luft- und Raumfahrt eher eine beiläufige Rolle in unserem Schaffen spielt. So begannen wir uns aufs Wesentliche zu konzentrieren: Musik und Essen. Wir beide essen generell sehr gern… Am liebsten biologisch vertretbares Rumpsteak (medium), krosse Hähnchenhaut, ausschließlich aus biologischer Freilandhaltung, oder auch einfach nur einen schönen gemischten Salat, selbstverständlich nur mit saisonalen Zutaten. Leider klang der Name „Rumpsteakmediumfield“ oder „Insalatamistafield“ nicht annähernd so gut wie „Metallica“. Deshalb nannten wir uns dann Shrimpfield.

SL: Manch einer wird sich denken „schon wieder Punkrock-Cover?“. Was macht Shrimpfield und vor allem die Cover besonders?

Wir beide können absolut keine HipHop-Tracks oder Techno-Nummern schreiben. Vielleicht fehlt uns für diese Art der Musik einfach die Ernsthaftigkeit. Daher lag die Entscheidung nahe, sich im gewohnten Umfeld des Poppunks zu bewegen. Dass wir uns hier nicht auf unerschlossenem Terrain bewegen, war und ist uns durchaus bewusst, genauso wie die Tatsache, dass wir eigentlich 10-12 Jahre zu spät sind. Aber das interessiert uns eigentlich recht wenig, da dieses Projekt weder auf große Welttourneen, noch auf kommerziellen Erfolg ausgelegt sein sollte. Somit bleibt es nach wie vor ein Hobby, bei dem wir uns mit absolut unperfekten Videos zum Otto machen und hoffen, dass wir bei dem einen oder anderen Zuschauer ein paar Lachfalten erweitern können.

SL: Der eine in Baden, der andere in Berlin. Wie kann man sich so einen Produktionsvorgang bei euch vorstellen?

Nachdem die Songauswahl in einem demokratischen Abstimmungsverfahren mit 2/3 Mehrheit erfolgt, muss sich Pascal in seiner Berliner Einzelzelle einschließen lassen. Dort tippt er dann so lange auf seinem Mac herum, bis eine brauchbare Schlagzeugspur entsteht. Mit dieser Basis drückt er die vom Originalsong unverbindlich vorgeschlagenen Töne und Akkorde mit Gitarre und Bass in die Aufnahmespur. Danach folgt der Upload des Instrumentals in einen cloudbasierten Datendienst und anschließend die obligatorische Diskussionen mit Lob, Tadel und „Mach mal bitte so und so“ über die modernen Kommunikationsmittel. Nachdem dann möglichst viele unnötige Korrekturen und nötige Änderungen umgesetzt wurden, wirft Jul im badischen Huttenheim seine Vocalrecordingmaschine an. Mit dem Dieselaggregat auf Volllast, werden dann diverse Chöre, Einzelstimmen, Schreispuren und Räusperer aufgenommen und in das Instrumental hineingebaut. Im Metzgereifachjargon bezeichnet man diesen Vorgang als „verwursteln“. Abschließend hört dann jeder von uns den fertigen Song so oft über alle möglichen Lautsprecher an, bis wir uns selbst nicht mehr hören können und keine Ahnung haben, ob das gut oder schlecht ist. Dann wissen wir aber: Wir sind fertig mit dem Song!

SL: Nach welchen Kriterien sucht ihr eure Songs aus? Da sind ja auch einige richtig alte Dinger dabei…

Von aktuellen Songs gibt es ständig neue Cover. Da sind wir dann wohl zu langsam, denn viele andere Bands kommen uns jedes Mal zuvor. Dazu kommt noch, dass es unserer Meinung nach von einigen richtig dicken Klassikern einfach noch keine Punkversion gibt oder zumindest keine Version, die wir selbst abfeiern würden. Also kramen wir in unserer Erinnerung der Zeit als Kids, als wir mit den Eltern im Auto unterwegs waren. Damals musste der Großteil der armen Musiker ihre Hits ja noch selbst schreiben. Somit gab es auch noch keinen modularen Einheitsbrei, wie man ihn heutzutage serviert bekommt. Es ist uns wichtig dass die positive Grundstimmung und melodiöse Vielfalt der Songs erhalten bleibt. Dadurch bekommen vielleicht auch chartgeplagte Musikliebhaber Zugang zu altbekannten Musikstücken, die in dem neuen Poppunk-Gewand ihrem Geschmack entsprechen.

SL: Ist Shrimpfield ein reines „Fun“-Projekt/Youtube-Projekt, oder habt ihr damit mehr vor? 

Hauptziel ist es eigentlich, dass wir uns mal irgendwann durch Shrimpfield eine Yacht oder einen Shrimpkutter kaufen können. Wie wir das schaffen, wissen wir bis jetzt selbst noch nicht so genau. Bis dahin werden wir einfach weiter aus Spaß an der Sache Songs aufnehmen, uns weiter mit Videos zum Affen machen und alles andere auf uns zukommen lassen! Ein weiser Mann verwendete einst die treffenden Worte: „Blau blüht der Enzian!“.

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