Die Beatsteaks und Turbostaat kommen zusammen auf 42 Jahre Bandbestehen. Die Show in der ausverkauften Frankfurter Jahrhunderthalle lieferte hingegen den glühenden Beweis, dass beide Bands noch lange nicht im Rentenalter sind.
Auf der vergangenen Tour im Herbst durfte Rapper Fatoni im Vorprogramm der Beatsteaks auftreten, bei den großen Hallenshows in diesem Frühling treten die Flensburger Punks Turbostaat als Support der Berliner Band auf. Das Quintett, das im kommenden Jahr sein 20-jähriges Jubiläum feiert, feuert in knapp 30 Minuten insgesamt acht Songs ab, was Frontmann Jan Windmeier zu kurzen Ansagen zwingt. Die Bühne wird vom Banner des aktuellen Albums “Abalonia“, das Anfang 2016 erschienen war, geschmückt. Daraus trägt die Band den Titeltrack sowie “Ruperts Grün“ vor, das 2007 veröffentlichte “Vormann Leiss“ bildet mit dem Titelsong, “Insel“ und “Harm Rochel“ hingegen den Kern der kurzen Show. Über die gesamte Spieldauer erweitert lediglich Windmeier seinen Bewegungsradius – Turbostaat gehören zu den Bands, die in kleineren Läden erst ihre volle Wirkung entfalten.
Zu diesen zählen die Beatsteaks hingegen nicht. Egal ob im kleinen Club, der großen Halle oder auf der riesigen Festivalbühne, das Quintett enttäuscht sein Publikum nur selten. Nach einem fünfminutigen DJ-Set-Intro betreten die Veteranen zum Titeltrack ihres aktuellen Albums “Yours“ die Bühne. Wild gepogt wird bereits im folgenden “Hello Joe“ und bei einer gemeinsamen Show mit Turbostaat darf natürlich auch “Frieda und die Bomben“ nicht fehlen, zu dem Windmeier auch live den Gesang beiträgt. Das käsige “Automatic“ wird frenetisch abgefeiert und schon nach einer halben Stunde liegen sich zu “Summer“ die ersten Fans vor Freude in den Armen. Das hat guten Grund: Die Beatsteaks, die live von Dennis Kern als zusätzlichem Schlagzeuger unterstützt werden und mit Richard Koch einen fantastischen Trompeter für die aktuelle Tour gewinnen konnten, präsentieren sich extrem aufgedreht und spielfreudig wie nie. Dazu trägt auch der perfekte Sound bei.
Die Berliner spielen ihr Konzert zudem nicht einfach nur herunter, sondern gehen auch auf abstruse Fanwüsche ein: Ein Zuschauer wünscht sich lautstark den 14-Sekunden-Knaller “Barfrau“ – und bekommt ihn. Im regulären Set covert die Band nicht nur das übliche “Hey Du“ von Ilona Schulz, sondern auch Sublimes “Badfish“. Festivalstimmung entsteht zum ersten Mal zu “Hand In Hand“ und als sich während der Bridge von “Let Me In“ alle Fans auf den Boden setzen, um später begeisternd aufzuspringen, wünscht sich nicht nur Frontmann Arnim Teutoburg-Weiß, dass das Dach der Halle davon weggeblasen wird. Die größte Überraschung hält die Band jedoch für die Zugaben zurück: Für den mit Deichkind aufgenommenen Song “L auf der Stirn“ betreten deren MCs Kryptik Joe und Porky die Bühne und spielen zusammen mit den Beatsteaks noch ihren Hit “So ‘ne Musik“. “I Don’t Care As Long As You Sing“, “Cut Off The Top“ und das Beastie Boys-Cover “Sabotage“ beenden das Konzert nach zwei Stunden.
Die Beatsteaks haben über die volle Konzertlänge all das gezeigt, was sie zu einer der besten Livebands Deutschlands gemacht hat: Energie, Publikumsnähe, Leidenschaft, Spielfreude und Ausdauer. Das ist nach acht veröffentlichten Alben und 23 Jahren Bandgeschichte keine Selbstverständlichkeit. Umso stärker wirkt daher die Begeisterung nach.
© Fotos von Joshua Lehmann