Review: Schmutzki – Mehr Rotz als Verstand

Schmutzki spielen auch auf ihrer dritten Platte „Mehr Rotz als Verstand“ alkoholgeschwängerten Partypunkrock, der vor allem eines nicht sein will: erwachsen.

Daraus macht das Stuttgarter Trio um Frontmann Beat Schmutz, Bassist Dany Horowitz und Schlagzeuger Flo Hagmüller keinen Hehl. All denen, die das beim Albumtitel noch nicht kapiert haben, brüllen sie im zweiten Song „Zu Jung“ extra laut entgegen: „Wir sind zu jung um alt zu werden/ doch wir sind zu alt um jung zu sterben.“ Aber wer will es ihnen verdenken: Mit ihrer Debüt-EP sowie den zwei Vorgängeralben „Bäm“ und „Spackos Forever“, die ebenso tanzbar wie frech drei Akkorde aneinanderreihten und Bier, durchgezechte Nächte und das Rebellenleben in einer Stadt voller Spießern frönten, haben sie nicht nur einen feierwütigen Mob vor den Festivalbühnen dieser Republik versammelt, sondern es auch bis ins Vorprogramm von den Beatsteaks und Die Toten Hosen geschafft. An ihrem Erfolg werden auch die zwölf neuen Songs nichts ändern, die ebenso eingängig wie banal daher kommen. Dass sie auch keine Antwort auf die großen Fragen des Lebens haben, geben Schmutzki in „Die beste Bar der Stadt“ selbst zu, Wortspiele wie „Scroll mir einen runter“ (Kalifornia) entschuldigen sie damit nicht. Die mitschwingende Instagram-Selbstoptimierungswahn-Kritik ist löblich, versandet durch den klebrigen, Sommer-Formatradio-Beat aber irgendwo am Strand von Ibiza.

Musikalisch bleiben solche Totalausfälle die Ausnahme: Die restichen elf Songs unterwerfen sich vollkommen dem Entertainment-Punk, der mal mehr und mal weniger hibbelig lostaumelt, aber immer mit dem Hintergedanken im Kopf, dazu rhythmisch die Hände aneinander schlagen, Feuerzeuge in die Luft recken, pogen oder wenigstens mitsingen zu können. Am liebsten alles gleichzeitig. Die Wirkung wird nicht verfehlt – selbst beim Hören zu Hause wippen die Beine fleißig mit, verlieren aber schlagartig den Takt, sobald Schmutz und Horowitz anfangen zu singen. Das liegt weniger an ihren Stimmen als an den Texten, deren Aussagekraft nicht über „Wochenende.Saufen.Geil“ gepaart mit der Weigerung „jetzt doch mal was ordentliches mit ihrem Leben anzufangen“, hinauskommt. Der Kritikpunkt ist dabei nicht die Botschaft an sich, sondern das „Wie“. Textstellen im Stil von „Komaliebe/Komaliebe mit dir/Komm mal lieber nochmal rüber zu mir“ oder „Hey Mr. Dejot/Mach mal bitte deinen Job“ besitzen keine Rechtfertigung mehr als einmal gehört zu werden. Dass sie sich sich dennoch als Ohrwürmer entpuppen: Eher Fluch als Segen.

Enthielt das Debüt „Bäm“ mit dem Titeltrack noch einen Rundumschlug gegen Homophobe, Rassisten und andere hasserfüllten Hetzer scheint 2018 der Freund, der seine Priorität vom Dosenbier in Richtung Bausparvertrag verschoben hat, die größte Bedrohung im Schmutzki-Universum zu sein. Die Vergleiche mit Kraftklub, die die Band von Anfang an begleiten, kann man durchgehen lassen. Allerdings spielen Schmutzki in Sachen Ironie, Hitpotential und nicht zuletzt Relevanz mindestens drei Ligen unter den Sachsen.

Mehr Rotz als Verstand

Label: Bäm Records
VÖ: 14.09.2018

Genre: Punkrock, Indierock

Vergleichbar:
Kraftklub– “Mit K“
Montreal – “Die schönste Sprache der Welt“

Wertung: 6/15