Schon viele Bands und Künstler haben sich an Donald Trump abgearbeitet – wenige so überzeugend und lyrisch stark wie Bad Religion auf ihrem 17. Album Age Of Unreason.
Seit knapp 40 Jahren sind die kalifornischen Punkrock-Helden unterwegs und vermitteln seitdem Grundsätze wie Meinungs- und Redefreiheit, Gleichberechtigung und Toleranz. Trumps Wahl zum US-Präsidenten, der alles verkörpert, was sie ablehnen, muss sich für sie wie ein Schlag ins Gesicht angefühlt haben. Das hört man Age Of Unreason an. Die neuen Songs sind kurz nach der Wahl entstanden und offensichtlich davon inspiriert. Mit der Veröffentlichung haben sie sich dennoch Zeit gelassen, laut Gitarrist Brett Gurewitz, um die Probleme auf den Punkt zu bringen, statt sich von der Wut leiten zu lassen. Dabei ist die Dichte und Präzision, der vom Sänger und promovierten Evolutionsbiologen Greg Graffin vorgetragenen Texte beeindruckend. Trotz der geringen Spielzeit der Songs, nur der letzte What Tomorrow Brings überschreitet die drei-Minuten-Marke, schaffen sie es, komplexe Sachverhalte zu thematisieren. Die Frustration über die aktuellen Zustände in den USA und der Welt sind in jedem Song spürbar, gleichzeitig ist Age Of Unreason aber auch eine Kampfansage und eine Beschwörung der Werte der Aufklärung.
„Sometimes there’s no sane reason for optimism“ resümieren Bad Religion in My Sanity, nur um in End Of History die richtigen Fragen zu stellen: „Tell me how do you want to be remembered/ For generosity or a fucking monstrosity?“ Candidate beschäftigt sich mit der Problematik eine Person als Messias aufzubauschen, der scheinbar für jedes Problem eine Lösung bereithält. Die darin enthaltene Zeile „I dispense misinformation to a post-truth generation“ winkt mit dem Zaunpfahl in Richtung Fake News und alternativer Fakten. Nicht nur textlich, auch musikalisch können Bad Religion mit dem starken Vorgänger True North mithalten und stellen ihre Fähigkeit, schnelle, melodieverliebte und mitreißende Punkrock-Songs zu schreiben, die sich durch ihren ikonischen mehrstimmigen Gesang auszeichnen, unter Beweis – sei es Chaos From Within, The Approach oder Age Of Unreason. Faces Of Grief entpuppt sich als Hardcore-Smasher, der kurz aber wirkungsvoll wütet. Dass nicht alle Tracks dieses Niveau erreichen, ist nicht weiter schlimm und wird durch die textliche Raffinesse wett gemacht. Abgesehen davon: Nach fast 40 Jahren Bandgeschichte nicht an Relevanz und Durchschlagskraft eingebüßt zu haben, ist bemerkenswert genug.
Label: Epitaph
VÖ: 03.05.2019Genre: Punkrock, Melodycore
Vergleichbar:
Millencolin – SOS
Anti-Flag – The Bright Lights Of AmericaWertung:
11/15