Livereview: Royal Republic + Blackout Problems, Schlachthof Wiesbaden, 09.12.2019

Eigentlich wollten Royal Republic schon im Februar diesen Jahres die hiesigen Konzerthallen abgrasen, weil sich die Arbeiten am mittlerweile fertig gestellten und veröffentlichten vierten Album Club Majesty aber deutlich verlängerten, haben die Schweden die Tour kurzerhand aufs Jahresende verschoben. Scheint, als hätten die rheinhessischen Fans des Quartetts ihre Energie seit des ursprünglichen Konzerttermins eingefroren, um diese am Tage des Konzertes aufzutauen.

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Vorher zeigen aber noch die Blackout Problems, dass sie zu den aktuell besten deutschen Alternative-Rock-Bands gehören. Während sich das Publikum während des Openers How Are You Doing noch etwas verhalten verhält, entsteht gegen Ende des 45-minütigen Auftritts der Münchener der Eindruck, dass einige Konzertbesucher auch für sie angereist sind, wenn zu Queen und Rome die ersten großen Moshpits des Abends entstehen. Das ist auch der unermüdlichen Motivationshilfe von Frontmann Mario Radetzky zu verdanken, der das Publikum in nahezu jedem Song mitreißt und mehrfach zum Springen animiert, was in den meisten Fällen auch außerordentlich gut gelingt. Ihre neugewonnene Liebe zu elektronischen Beats verdeutlichen die Blackout Problems mit einer mitreißenden Interlude, die ausgeglichen zwischen handgemachtem Electro und Alternative Rock changiert.

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Das trifft auch auf den anscheinend Murderer betitelten neuen Song hinzu, mit dem das Quartett seinen Auftritt beendet. Der Song gibt einen ersten Ausblick auf das kommende dritte Album der Band, das wahrscheinlich nächstes Jahr erscheinen wird, und ist laut Radetzky der Fridays-For-Future-Bewegung gewidmet. Dafür erntet die Band großen Applaus – und verrät im Anschluss womöglich schon den Titel des Kaos-Nachfolgers: Nach der Show von Royal Republic drücken die Blackout Problems allen Konzertbesucher*innen einen Flyer in die Hand, um Werbung für eine Tour zu machen, die die Band im November 2020 durch die vier größten Städte Deutschlands führen und den Titel Dark tragen wird.

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Club Majesty verschiebt im Vergleich zu seinen Vorgängeralben den Fokus vom treibenden Rock’n’Roll deutlich mehr in Richtung Discorock und Funk, inklusive Saxophon. Auf dieses verzichten Royal Republic hingegen live und wie bereits zur Veröffentlichung des Albums vermutet, lässt sich zu den neuen Songs weniger gut moshen, dafür aber umso mehr Tanzen, was den 90-minütigen Auftritt des Quartetts extrem kurzweilig erscheinen lässt. Repräsentativ ist bereits das eröffnende Song-Trio für die gesamte Show: Der Opener Fireman & Dancer vereint den neuen als auch den alten Stil der Band, während Can’t Fight The Disco vor allem tanzbar ausfällt und Make Love Not War das Tempo deutlich anzieht. Die bunten Anzüge standen den Skandinaviern nie besser und dank einer quietschbunten Bühnenshow nimmt das Cover von Club Majesty eine kindlich-beeindruckende Realitätsform an. Eine weitere wichtige Komponente bei der Liveshow von Royal Republic sind die humorvollen Ansagen von Frontmann Adam Grahn, der sich nach gefühlt jedem dritten Song erneut vorstellt und wie die gesamte Band mit seiner Attitüde gleichzeitig den Rock’n’Roll-Lifestyle lebt, aber eben so parodiert.

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Dazu gehört dann auch, dass ein weiblicher Fan auf die Bühne gerufen wird, um kurzzeitig Grahns Position an der Gitarre zu übernehmen. Nachdem dieser ihr aufgrund fehlender Instrumentenkenntnisse schnell die wichtigsten Akkorde beibringt, darf die Frau die Bühne wieder verlassen, jedoch nicht ohne von Grahn zu einem spontanen Kuss verleitet zu werden. In Zeiten der #metoo-Bewegung ein riskanter Move – gut für den Frontmann, dass der weibliche Fan gelassen reagiert und ihn im Anschluss noch umarmt. Als eklektische Rock’n’Roll-Band haben Royal Republic die Rock-Geschichte natürlich im Blut, weswegen es nicht verwundert, dass Bassist Jonas Almén auf seiner Keytar zwischen zwei Songs kurz Jump (Van Halen) und The Final Countdown (Europe) anspielt. Ihr Cover vom Motörhead-Klassiker Ace Of Spades fällt dagegen überraschend stark aus und Almén erinnert sowohl mit seinem Bassspiel als auch seinem Gesang an Lemmy Kilmister. Mit dem ungemein eingängigen Baby beenden Royal Republic ihre Show, verweilen im Anschluss aber noch einige Minuten auf der Bühne, um sich beim Publikum zu bedanken und um sich selbst zu feiern, womit auch die letzte wichtige Eigenschaft der Band Erwähnung findet.

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© Fotos von Valentin Krach