Giver lassen ihrem starken Debütalbum ein noch besseres zweites Album folgen und präsentieren sich somit weiterhin als Aushängeschild für Hardcore aus Deutschland.
Dass die Band ihre Wurzeln in Köln, Paderborn und Leipzig hat, dürfte Hörer ohne Hintergrundinformationen überraschen, schließlich klingt das Quintett mehr nach Boston als nach deutscher Großstadt. Doch Giver sind nicht Defeater, auch wenn es in der Musik beider Bands genug Überschneidungen gibt. Während die US-Vorbilder über mehrere Alben eine zusammenhängende Geschichte über eine Familie während und nach des Zweiten Weltkrieges erzählen, fokussieren sich Giver lieber auf das Hier und Heute. Dass das keinen fröhlichen Pop-Punk nach sich zieht, verdeutlicht schon das abstrakte und düstere Cover, während textlich die Nacht schon mit den allerersten Worten des sich verhalten aufbauenden Openers Night Season hereinbricht: „Between the horrors of what’s dead and gone and the nightmares still to come,is there a glimmer or is hopejust another drug we’re on?“
Giver hinterfragen in ihren Texten gegebene Strukturen und gesellschaftliche Strömungen und rufen parallel zur Gleichberechtigung auf. Etwas, das im konsumorientierten Denken völlig fehlt, was die Gruppe mit dem vorab per Video veröffentlichten Every Age Has Its Dragons (Like An Empire) nicht nur im Musikvideo, sondern auch in den Lyrics kritisiert:„I eat like an empire, wear like an empire, live this down like an empire/ Breathe like an empire, move like an empire/ Spend every fucking dime I ever earn like an empire.“ All das ist eingebettet in einen (Post-)Hardcore-Sound mit Ecken und Kanten. The Same Stream flechtet zum Beispiel vor dem abschließenden Breakdown leichte Black-Metal-Elemente in den Sound ein, während die Gitarren in Evil Is so klingen, als würden sie unter der Last, die sie tragen, jeden Moment zusammenbrechen. Das geschieht am Ende von Imitation Dreams und mit Longing For Death folgt anschließend der einzige Song mit Überlänge auf dem Album, in dem gen Ende das Hardcore-Gebrüll durch düsteren Klargesang gedoppelt wird, bevor ein Klavier das Stück zur Ruhe geleitet. In der Theorie der perfekte Closer, doch mit Built In The Difference folgt ein Albumabschluss, der eher nach einem Opener klingt und im Gegensatz zu den kulminierenden Lyrics verdeutlicht, dass Giver erst am Beginn ihrer Karriere stehen. Dafür ist ihr Hardcore bereits enorm ausgereift und zielgerichtet, was man von den Eliten vieler Länder nicht gerade behaupten kann. Denn am Ende ihres ungefähr halbstündigen Aufsatzes stellen auch Giver fest, dass Frieden eine Willenssache ist.
Label: Holy Roar
VÖ: 07.02.2020Genre: Hardcore, Post-Hardcore
Vergleichbar:
Defeater – Abandoned
Birds In Row – We Already Lost The WorldWertung:
12/15
https://www.youtube.com/watch?v=6NA_DhUaAjc