In einem Land vor unserer Zeit, wo Pop-Punk und Metalcore noch nicht aufeinander gestoßen waren, galten A Day To Remember als die Band mit dem Ass im Ärmel: Eingängige Hooks mit pulverisierender Gitarrenarbeit zu vermengen bildete seither auch den Entwurfsplan vieler moderner Bands, die sich gern Fan der Männer aus Florida nennen.
Im Jahre 2021 angelangt warten Zuhörer nunmehr seit der radiotauglichen Single Degenerates (2019) auf das siebte Studioalbum des Quintetts, welches mit einem Labelwechsel zu Fueled By Ramen einherging. Nach zwei Jahren veröffentlicht die Band nun den Rest der LP. Doch was ist auf You’re Welcome von dem Glanz der altbekannten Genrekreuzung noch geblieben?
Als Teil der Vorabsingles tut sich Brick Wall schwer, das Album in Fahrt zu bringen. Hastige Tempowechsel und vorhersehbare Aufbauschemata dominieren was vor zehn Jahren womöglich als innovativ hätte gelten können. In diesem Punkt setzt die Band ihren Fokus auf zugänglichen Radio Rock (Looks Like Hell), der seinen Zweck erfüllt, aber innerhalb der Band Diskographie zu den vergesslichsten Momenten gehört.
Erneut existiert hier eine Schere zwischen offensichtlich für die Charts intendierten Liedern, die schmierig von all der Produktion sind, und AUF-DIE-FRESSE-GEBALLER-WEIL-WIR-IMMER-NOCH-BROOTAL-SIND Nummern. Ein Beispiel für ersteres ist das unfassbar zum Fremdschämen einladende Singalong Viva La Mexico, welches wohl am besten als Hintergrundmusik in einem American Pie Film funktionieren könnte. Am anderen Ende des Spektrums stehen Lieder wie Resentment oder Last Chance To Dance (Bad Friend), welche eher die Ausnahme als die Norm sind. Obwohl beide Lieder wohl am spannendsten sind, lässt das Gefühl nicht nach, das alles schon mal in weitaus besserer Produktion gehört zu haben. Urteilt man hingegen allein auf Basis der Eingängigkeit der Songs, gewinnt You’re Welcome, da es ein weitaus größeres Zielpublikum erreichen wird.
Und das ist der springende Punkt, der das Album zu so einem unnötig polierten Produkt macht. Das Hauptproblem mit You’re Welcome sind nicht die vergleichsweise softere Liedauswahl, nicht die teils billigen Hooks (F.Y.M.), und auch nicht die schmalzigen Lagerfeuerlieder, die an jeder Ecke auflauern. Wo Vorgängeralbum Bad Vibrations zurecht mit seiner Vielzahl an Moshpit Hits überraschte und alte Fans wieder mit ins Boot holte, schielt die Band hier eher gen Boomer-Stadion Rock, inklusive Imagine Dragons Basstrommel und unsäglichen woo-hoo Chören (Everything We Need, Bloodsucker). Auf diese Manier werden zum Gähnen einladende Strukturen und Riffs in den Mixer gestopft in der Hoffnung, etwas neues dabei herauszubekommen. Dass die Vielzahl der Lieder sich im Midtempo befindet, ist hier auch nicht allzu hilfreich.
Nach den letzten Tönen von Everything We Need ist klar, dass A Day To Remember sich auch nicht mehr vor Kitsch scheuen, der zumindest auf vorherigen Alben adäquat verpackt worden ist. Wenn es generischer Radiorock ist, dem die Gruppe sich zuwenden will, hat sie ihr Ziel hiermit meilenweit übertroffen. Ein Album zum Genießen muss man allerdings anderswo aufsuchen.
Label: Fueled By Ramen
VÖ: 05.03.2021Genre: Pop, Country, Rock, Metalcore
Vergleichbar:
Neck Deep – All Distortions Are Intentional
Mayday Parade – SunnylandWertung:
3/15