Review: Fheels – Lotus

Fheels vereinen auf ihrem Debütalbum neun Blues- und Hardrock-Songs unter dem Deckmantel des Alternative Rock, denen man anhört, dass sie vom The Intersphere-Frontmann produziert wurden.

Vom Hardrock wie ihn etwa Danko Jones oder Gluecifer spielen ist das Hamburger Quartett so weit entfernt wie Nestlé von der Einhaltung der Menschenrechte, dennoch dient das Genre als Fixpunkt bei der Beschreibung des Sounds von Lotus. Dafür bietet das sexuell aufgeladene Sharp Dressed Animal oder das stumpfe wie eingängige Riff von Mr. Elephant zu sehr die Art von Dringlichkeit, die den Kopf in den Stand-By-Modus versetzt, wenn Dosenbier zu niveaulos, und die AC/DC-Karte zu teuer ist. Aus einer anderen, proggigen Ecke kommen Songs wie Daybreak oder die sechs Minuten Storytelling von Phil The Beggar, in denen sich Fheels von ihrer düsteren, vertrackten Seite zeigen und als raffinierte Songwriter entpuppen. In solchen Momenten sind die aktuellen Karnivool oder eben The Intersphere nicht weit entfernt.

Mit letzteren teilen sie sich neben Christoph Hessler die Vorliebe für große Gesten sowie die Sensibilität für gesellschaftliche Themen. Phil The Beggar erzählt die Geschichte eines Obdachlosen, Mr. Elephant handelt von menschlicher Ausbeutung und in Sharp Dressed Animals beleuchtet Sänger Felix Brückner, der seit einem Snowboard-Unfall im Rollstuhl sitzt, das Themenfeld Sexualität von Menschen mit Behinderung. Die variable Stimme von Brückner verleiht den Songs zusätzlich Tiefe, hier fungiert Time als eindrucksvolles Beispiel. Das alles klingt professioneller als auf der EP Traveller (2017), ist technisch einwandfrei und ohne Makel, wobei ein weiterer Song wie Sharp Dressed Animals dem Album gutgetan hätte. Wer Handwerk gleichsetzt mit „Augenmaß ist auch ein Maß“ sollte lieber die Hände von Lotus lassen, diejenigen, die auf die Wasserwaage anstatt aufs Gefühl hören, können beherzt zugreifen.

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Label: Superlaut
VÖ: 01.04.2022

Genre: Alternative Rock, Progressive Rock, Hardrock

Vergleichbar:
Mother’s Cake – No Rhyme No Reason
Agent Fresco – Destrier

Wertung:
10/15