Review: Cancer Bats – Psychic Jailbreak

Toronto, Kanada. Reset. Das erste Album ohne Gründungsmitglied und Gitarristen Scott Middleton hätte so schief gehen können, wenn man sich dessen markante Riffs ins Gedächtnis ruft – nie wieder Kracher wie Hail Destroyer, Bears, Mayors, Scraps & Bones oder The Spark That Moves? Im Gegenteil, Psychic Jailbreak wirft als spaßige Hardcore-Punk Platte alle existierenden Erwartungen über den Haufen.

Verglichen mit den vielzähligen Vorgängeralben und deren immenser Gitarrengewalt tritt die Band bei vielen Songs nicht mehr so stark aufs Gaspedal. Frontmann Liam Cormier variiert seine melodischen Screams mit gesungenen Strophen und dem bisschen extra Galle, für die die Band groß wurde. Der freigewordene Platz an der Gitarre ist überraschenderweise nicht von ein, sondern zwei neuen Musikern eingenommen worden: Sowohl Nick Sherman, welcher bereits bei den akustischen Neuinterpretationen auf You’ll Never Break Us mitwirkte, als auch FEVER 333 Gitarrist Steve Harrison sind nun von der Partie. Auf gewisse Art und Weise imitiert das Gitarrenduo gekonnt die von Sabbath durchtränkte Spielweise Middletons. Das treibt dieses Album mit Liedern wie Keep on Breathing in eine schwitzige Richtung die gemacht ist für kleine Clubs.

Cancer Bats klingen trotz ihres Lineupwechsels und musikalischer Neuorientierung jünger und unbeschwerter. Radiate springt mit gehobenen Ellebögen im Kreis, um danach vom hysterischen The Hoof in den Circle Pit geschubst zu werden. Musikalisch wird zwar nicht das Rad neu erfunden, doch Kracher wie Rolling Threes oder Lonely Bong unterstreichen die skurrilen Texte und Songwritingqualitäten der Kanadier. So werden zwischen Aktivismus und Protestbewegungen, Kontaktverlusten beim Älterwerden und einer Weedkonsumhymne definitiv neue Thematiken behandelt.

Die grösste Schwachstelle des Albums ist die Ähnlichkeit zwischen den Liedern, die nach mehreren Hördurchläufen ein wenig ermüdend wirkt. Auch wenn manche Nummern im Albumkontext ein wenig untergehen, reiht sich die siebte LP nahtlos in die Diskographie ein. Nach dem dramatischen Ende von Every Time I Die sind Cancer Bats immerhin eine der letzten definierenden Hardcore Punk Bands mit Southern Rock Einschlag. Falls Psychic Jailbreak jedoch ein Indikator für die jahrzehntelang anhaltende Kreativität der Gruppe ist, sollten wir uns keine Sorgen machen müssen. Wenn Cormier „my life was saved by the skateboard“ schreit, fühlt es sich auf jeden Fall schon mal richtig an.

298087

Label: Bat Skull Records
VÖ: 15.04.2022

Genre: Hardcore Punk, Sludge

Vergleichbar:
Every Time I Die – Low Teens
Comeback Kid – Outsider

Wertung:
11/15