Livereview: Blood Youth + Pentastone, Schon Schön Mainz, 07.07.2022

Obwohl mit Our Hollow, Our Home der Headliner des Abends kurzfristig abgesagt hat, haben Blood Youth und Pentastone ein begeisterndes Club-Konzert gespielt, bei dem am Ende der Schweiß von der Decke tropfte.

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Die britische Metalcore-Band hat nicht nur die Show in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt, sondern auch ihren für einen Tag später geplanten Auftritt auf dem tschechischen Mighty Sounds Festival aufgrund eines Todesfalls in der Familie der Band gestrichen. Dementsprechend zollen Pentastone in der Mitte ihres Auftritts den Kollegen von der Insel Tribut. Aufgrund des spontanen Ausfalls darf das Quintett aus Darmstadt einen längeren Auftritt spielen, was ihnen nur zugutekommt, denn nach etwas Anlaufzeit tauen die Instrumentalisten der Band erst nach der Hälfte der Show so richtig auf. Frontfrau Luisa Knauß benötigt hingegen keine Anlaufzeit und überzeugt von Anfang an mit ihrer Mischung aus leidenschaftlichem Gesang und rauen Geschrei. Die Musik der Hessen schlägt dabei die Brücke zwischen grungigem Alternative Rock, der insbesondere in der Mitte des Sets zu ruhigeren Momenten führt, sowie etwas härteren Metalcore-Momenten. Doch auch abseits der Musik überzeugen Pentastone: den letzten Song des regulären Sets widmet Knauß einer vor Kurzem verstorbenen Freundin, regt aber gleichzeitig dazu an, das Leben zu feiern und macht auf die Wichtigkeit von mentaler Gesundheit aufmerksam. Die vom Publikum eingeforderte Zugabe ist schließlich mehr als verdient.

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Mentale Gesundheit hat im Hause Blood Youth insbesondere im vergangenen Jahr ebenfalls eine große Rolle gespielt. Gründungsmitglied und Sänger Kaya Tarsus hatte sich im Spätsommer von der Band zurückgezogen, weil er mental nicht in der Lage sei, über einen längeren Zeitraum auf Tour zu gehen. Für den neuen Sänger Harry Rule stellen die Auftritte während des aktuellen Sommers also nach einer Show auf dem Bochumer Crowdsalat Festival im vergangenen Oktober die ersten Konzerte auf dem europäischen Festland dar. Trotz der großen Fußstapfen macht der Frontmann seine Sache insbesondere guttural sehr gut, beim Klargesang bekommt er von Gitarrist Chris Pritchard Unterstützung. Die Briten spielen die gleiche neun Songs lange Setlist wie bei ihren Festivalauftritten beim Full Force und Jera On Air: nach dem eröffnenden Iron Lung und der folgenden Standalone-Single Playing The Victim, bildet sich zum dritten Song Body Of Wire nach den elektronischen Störgeräuschen zu Beginn der erste richtige Moshpit des Abends, in den sich nicht gerade wenige Menschen stürzen, was Rule ein Lächeln entlockt.

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Direkt im Anschluss evoziert das rasende Colony3 einen beachtlich großen Circlepit, während die fiese Halftime-Passage von Hate zum größten Moshpit des Abends führt. Trotz überschaubarer Besucherkulisse ist es bemerkenswert, wie sehr sich das – teilweise eigentlich für Our Hollow, Our Home angereiste – Publikum von der Energie von Blood Youth mitreißen lässt. Die auf Platte schon wuchtigen Songs wirken durch den druckvollen Livesound zudem noch brutaler als sie es ohnehin schon sind. Die abwechslungsreiche Setlist offenbart zudem das starke Songwriting der Briten, die mühelos zwischen schnellen, an Slipknot erinnernden Parts und langsameren, melodischen Passagen changieren. So vergeht der 40-minütige Auftritt unglaublich schnell, sodass das Publikum vehement eine Zugabe einfordert, die Blood Youth eigentlich nicht geplant haben. Die Hälfte der Band ist schon in den Katakomben des Schon Schöns verschwunden und muss vom Rest der Band wieder auf die Bühne geholt werden. In Ermangelung weiterer vorbereiteter Songs startet Pritchard einen Poll, welchen der neun Songs das Publikum noch einmal hören wolle. Die Wahl fällt auf Making Waves vom Debütalbum Beyond Repair. Noch einmal entfesseln Band und Publikum jegliche Energie und Rule lässt sich zum Finale sogar zu einem Stagedive vom Treppengeländer gegenüber der Bühne hinreißen. Ein starker Konzertabend, der widrigen Umstände zum Trotz.

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© Fotos von Valentin Krach