Review: Polaris – Fatalism

Mit ihrem dritten Album etablieren sich Polaris endgültig in der Metalcore-Elite und feiern das Leben ihres viel zu früh verstorbenen Gitarristen Ryan Siew.

Die genauen Umstände seines plötzlichen Todes im Alter von nur 26 Jahren Mitte Juni sind nicht bekannt. Im Januar hatte er sich noch im Krankenhaus behandeln lassen und erfolgreich seine Antidepressiva abgesetzt. Im Kontext seines Ablebens bekommen die Texte von Fatalism eine ganz neue Bedeutung, denn das Quintett aus Sydney setzt sich nicht nur im Titel mit der gleichnamigen Weltanschauung auseinander, auch die Lyrics handeln vom Ausgeliefertsein und der Unausweichlichkeit des Lebens. „We’re living in a nightmare/ A pre-apocalyptic wasteland/ Is there no one who can save us/ If we refuse to save ourselves?/ Our best intentions pave our path to hеll” heißt es in Anlehnung an die teilweise dystopischen Weltzustände der vergangenen Jahre etwa in der Single Nightmare. „You promised us a better tomorrow/ I don’t know if I believe it this time/ If our only hope is to beg and to borrow”, schließt The Crossfire daran an.

Polaris geben sich diesem Umstand aber nicht hin, sondern versuchen etwa in Inhumane dagegen anzukämpfen: „One more for the rеaper, he’s been hot on my tail/ But I’ve been trying to dig a littlе deeper/ Cause the pain don’t feel like it used to feel, no/ I’ve seen enough, I crave the rush/ So I’ll dig a little deeper still”. Wie auf ihren ersten beiden Alben thematisieren die Australier zudem mentale Gesundheit und finden stets hoffnungsvolle Worte für den Kampf mit den inneren Dämonen. Während Bassist und Sänger Jake Steinhauser in Overflow „Where do I shelter when it’s raining inside?” fragt, singt er in With Regards „Far away, I pray this letter finds you well and safе/ I hope to god I wrote it not too late/ I’ll never understand the things you’ve faced/ The path you had to take”.

Fatalism überzeugt aber nicht nur lyrisch auf ganzer Linie, auch musikalisch agieren Polaris auf allerhöchstem Niveau. Etwa, indem sie immer wieder Songs zunächst atmosphärisch verdichten, bevor sie die Abrissbirne schwingen. Der meisterhafte Opener Harbinger baut sich etwa erst behutsam auf, ehe nach der Hälfte erstmals gutturaler Gesang von Frontmann Jamie Hails und härtere Gitarren einsetzen. Auch Nightmare schlägt im Ohrwurmrefrain in eine melodischere Kerbe zwischen härteren Riffs und einem ersten Breakdown. Parasites ist anschließend auf Krawall gebürstet und kommt wie auch Inhumane im Gegensatz zu den vorherigen Songs ohne Klargesang aus. Overflow ist auch dank seines starken und eingängigen Refrains und der ruhigeren Strophen dagegen mehr Alternative Rock als Metalcore, während With Regards stark zwischen Geballer und melodischen Passagen changiert. The Crossfire fährt einen weiteren Refrain mit Gänsehaut-Potential auf, während die melodiösen Gitarrenleads an While She Sleeps erinnern. Auch das härtere Dissipate geht ins Ohr, bevor Aftertouch mit einem Intro aus Piano, Streichern und weichen Synthieflächen zunächst das Tempo rausnimmt, hinten raus aber doch noch in Metalcore-Gefilde aufbricht. Auch das abschließende All In Vein beginnt zunächst atmosphärisch, ehe sich Polaris noch einmal von ihrer härteren Seite zeigen.

Man kann nur hoffen, dass die Australier auch über dieses Album hinaus weitermachen, denn besseren und vielseitigeren Metalcore mit tiefschürfenden Texten spielt aktuell kaum jemand. Wie auf dem Albumcover möchte man sich nach diesem Album der Band anschließen und von ihr durch eine ungewisse Zukunft führen lassen. Auch wenn Polaris diese ohne ihren langjährigen Gitarristen bestreiten müssen, wird Fatalism immer ein hellstrahlendes Andenken an Ryan Siew bleiben. Oder wie es in All In Vein heißt: „We all deserve to be held like a memory”.

Label: Sharp Tone
VÖ: 01.09.2023

Genre: Metalcore

Vergleichbar:
Architects – Holy Hell
I Prevail – True Power

Wertung:
13/15