Livereview: Bring Me The Horizon plus Support 06.11.2015

„What a wonderful way to spend a friday night.“ Mit diesen Worten fasst Sänger Oliver Sykes zusammen, was den Besucher erwartete, der sich zum Besuch des Bring Me The Horizon Konzerts vergangene Woche entschlossen hatte. Auf ihrer momentanen Tournee haben die Sheffielder Jungs auch in Würzburg Halt gemacht und ein drei Gänge Menü serviert, was noch Wochen schmackhaft am Gaumen kleben wird.

Es ist noch früh am Tag als die erste Masse an Fans in die Posthalle stürmt, um sich ihre begehrten Plätze in der ersten Reihe zu sichern. Doch wer die Mädchen analysiert, die dort aufgeregt umher traben, könnte diese leicht für Fans eines Popkünstlers wie Justin Bieber halten. Dabei handelt es sich, wie sich bald herausstellen wird, hier um ein gewaltiges Rockkonzert und keine U20 Party in einer großen Halle…

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Punkt 19 Uhr geben die Amerikaner Beartooth Post-Hardcore wie er leibt und lebt zum Besten. Sänger Caleb Shomo kommt selbstbewusst daher und weiß, sein Publikum binnen mehrerer Sekunden vollkommen zu kontrollieren. So prescht die Band durch jeden Song, als wenn es die letzte Chance im Leben wäre. Auch das Publikum spiegelt die Energie wider indem – zum Unmut aller weiblichen Fans – heftiges Moshen initiiert wird, Circle Pits all-inclusive. Mit der abschließenden Single „Body Bag“ zeigt das Quintett sich von seiner besten Seite und beendet ihr Set mit einem lauten Knall. Wenngleich die Songstrukturen nicht besonders kreativ sind, so wissen die Jungs sicherlich, wie man das Publikum zum Schwitzen bringt und ein Konzert angemessen eröffnet.

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Mit PVRIS haben sich Bring Me The Horizon einen besonderen Support ausgesucht: Mit mehr Melodie statt Arschtritt und eher elektronischen Komponenten zelebrieren die Amerikaner um Lynn Gunn ihren alternativen Rock im ruhigeren Rahmen als ihre Vorgänger. Je komplexer der Bandname, desto simpler die Musik, so die Devise. Hierbei fasziniert jedoch die Abwechslung, welche man instrumental auf der Bühne zu sehen bekommt: Sowohl Bassist als auch Gitarrist wechseln abrupt zwischen ihren Saiteninstrumenten und Keyboards, welche dem Gesamtklang eine sphärische Note verleihen, während die nur 21 jährige Gunn mit der besten Gesangsleistung des Abends gewaltig imponieren kann.

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Auch Schlagzeuger Justin Nace ist der Spaß am Spielen sichtlich anzusehen, indem er auf nahezu epileptische Art und Weise zu seinen Rhythmen headbangt. Im finalen „My House“ finden sich schließlich Melodien wieder, die auch Anleihen des amerikanischen Radio Rocks enthalten – und erstaunlich gut passen, ohne gekünstelt zu wirken. PVRIS ist eine Band, von der man sicherlich noch Vieles hören wird in Zukunft!

Nach einer kurzen Umbaupause ist es schließlich um 20:50 Uhr soweit: Bring Me The Horizon stürmen nach einem elektronischen Intro mit „Doomed“, seines Zeichens erstes Lied des neuesten Albums, die Bühne. Am unüberhörbaren Kreischen der Menge ist auch der Auftritt Oli Sykes‘ zu erkennen, welcher auf gar ungewöhnlich sanfte Art und Weise dunkelste Geschichten in sein Mikrofon wispert. Dynamische Wechsel markieren das neueste Material der Band, was es ermöglicht, auch nach zugänglicheren Passagen schließlich im Refrain erste Moshpits erwecken zu lassen, was ausgehend von der CD für nahezu unmöglich gehalten worden ist. So wirkt der darauf folgende „Happy Song“ live plötzlich hart und erinnert in seinen besten Momenten an eine Club Show von Deftones. Die wütenden Massen scheuen nicht vor Tritten zurück, selbst wenn dies möglicherweise bei Teilen des Publikums eher durch die Nähe zum Sänger als dem eigentlichen Vergnügen motiviert ist.

BMTH von Frederic Metzler

„Open this place up, make it BIGGER!“ kreischt Sykes unnachgiebig, bis ein amtliches Loch inmitten des Publikums erscheint, nur um Sekunden später von aggressiven fröhlichen Tritten erfüllt zu werden.
Ohne weitere Kommunikation prescht die Band durch ein Set voller Hits wie dem Sempiternal Klassiker „Shadow Moses“ oder „Chelsea Smile“. Der Band ist hierbei jedoch anzumerken, dass die Lust an Musik der härteren Sorte und somit der Live Darbietung älterer Alben zur Neige gegangen ist. Besonders anhand neuerer Songs wie der Single „True Friends“, zu der die Sheffielder letzte Woche ein Musikvideo veröffentlicht haben, lässt sich die neue Form der Härte erkennen. Vergangen die Zeiten der brachialen Riffs und brutalen Growls, gekommen die der Ohrwurm Melodien und simplen Songstrukturen, die jeder verstehen und genießen kann, wie im Linkin Park ähnlichen „Throne“. Nicht zu vergessen ist aber auch die solide Arbeit des Drummers Matt Nicholls, welcher ohne einen Fehler im Set sein Handwerk zu meistern weiß.

Es sind die sanften Momente, die diesen Abend unvergesslich machen. In einer emotionalen Ausgabe von „Can You Feel My Heart?“ fließen erste Tränen, der Saal tobt und kreischt zusammen. Mit „Antivist“ verabschieden sich die Briten von der Bühne und bringen die härtesten Töne des Abends zum Klingen, was sich in nicht weniger als drei Walls of Death wieder erkennen lässt. Der von der Decke regnende Schweiß wird von den auf T-Shirts bedruckten Regenschirmen gütig aufgefangen, ehe es mit zwei Zugaben weiter geht. Entgegen aller Erwartungen bringt das Sextett „Blessed With a Curse“ auf die Bühne und evoziert in jedem Fan vorher unbekannte Fähigkeiten zum Mitsingen ehe Lead Single „Drown“ mit Karacho und Konfetti einen gelungenen Abend vollendet.

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Das Konzert in der Posthalle und vielen weiteren Orten hat bewiesen, dass „That’s the Spirit“ live funktioniert und noch viele weitere neue Fans in seinen Bann ziehen wird. Bring Me The Horizon überzeugen mit einer soliden kurzen Setlist, welcher aber die Experimentierfreudigkeit fehlt, denn neben den neuen Singles dominieren lediglich größere Hits statt außergewöhnlichen Auswahlen wie beispielsweise dem noch bei Wembley zu hörenden „Alligator Blood“. Oliver Sykes singt besser denn je zuvor und wird in kommenden Jahren noch beweisen, dass auch aus einem hässlichen, schreienden Entlein ein singender Schwan werden kann. Alles in allem ist nun die Zeit gekommen, für die Band über ihre zuvor angestrebten Ziele als Szenehelden hinauszuwachsen und den Mainstream für härtere Musik zu öffnen. Wenn nicht sie, wer dann?

Achtung! Spoiler-Alarm! Setlist der Tour:

1. Doomed
2. Happy Song
3. Go to Hell, for Heaven’s Sake
4. The House of Wolves
5. Chelsea Smile
6. Throne
7. Shadow Moses
8. Sleepwalking
9. True Friends
10. Can You Feel My Heart
11. Antivist

Zugabe:
12. Blessed with a Curse
13. Drown

© Bilder von Frederic Metzler 06.11.2015