Indie gepaart mit deutschem Rock, beeinflusst von Punk und mit leichten Pop-Elementen. Diese wilde Mischung ergibt Milliarden. Die deutsche Band ist seit einigen Tagen auf ,,Betrüger’’-Tournee. Wir haben das Konzert in Frankfurt besucht und sagen euch, warum ihr unbedingt eine Show der Jungs besuchen solltet!
Kurz vor Einlass ist die Schlange vor dem Nachtleben, das sich im Keller eines Cafés in der Frankfurter Innenstadt befindet, eher klein. Als der Weg nach unten jedoch freigegeben war, stürmten euphorisch die ersten Fans die Treppen hinunter. Kurz vor Beginn des Konzertes war das Nachtleben schließlich rappelvoll, immerhin war die Show auch seit einiger Zeit ausverkauft.
Den Rock-Abend eröffnete die irische Band Raglans. Von der ersten Minute an hatten die sympathischen Briten das Publikum fest in ihren Händen – oder Stimmen. Denn nicht nur Sänger Stephen Kelly, sondern auch die übrigen Bandmitglieder gaben als Hintergrundsänger ihre Gesangsqualitäten zum Besten. Das Publikum zeigte sich bereits textsicher und feierte das Quartett teilweise frenetisch. Als dann während dem vorletzten Song des Sets die Mitglieder von Milliarden die Bühne stürmten und dem Song eine denkwürdige Note verpassten, indem sie das Lala im Refrain mit anstimmten, kannte die Euphorie auf als auch vor der Bühne keine Grenzen mehr. Milliarden und Raglans verteilten anschließend untereinander Küsschen und Johannes Aue, einer der beiden Kreativköpfe von Milliarden, dankte den Raglans für alles und bezeichnete sie als die besten Tour-Buddies, die man sich nur vorstellen kann. Für die Raglans endete an jenem Samstagabend der Tourzyklus mit den deutschen Newcomern, denn mit Lian kam bei den nächsten Konzerten eine andere Band in den Genuss, Milliarden supporten zu dürfen.
Von britischem Indie-Punk zu deutschem Indie-Rock. Nach einer kurzen Umbaupause betraten Milliarden die Bühne. Das Duo, bestehend aus Sänger Ben Hartmann und Keyboarder/Hintergrundsänger Johannes Aue, live unterstützt von drei Freunden, eröffnete ihren Auftritt mit ihrer aktuellen Single ’’Im Bett verhungern’’. Dabei dürfte sich den Zuschauern besonders das Outfit von Ben ins Gedächtnis gebrannt haben. Mit schwarzem Sacko, schwarzer Sonnenbrille und schwarzem Hut erinnerte er dezent an die Blues Brothers. Nach diesem ruhigen Einstieg zogen die Berliner mit ’’Milliardär’’ und ’’Marie’’ das Tempo unmittelbar danach deutlich an und das Publikum zeigte sich bereits sehr feierwütig und zeigte seine ersten Pogo-Qualitäten.
Hauptschwerpunkt der Setlist war dabei das im August erschienene, 14 Tracks starke Debütalbum ’’Betrüger’’, von dem die Band 13 Songs spielte. Neben den neuen Songs wurde auch die EP ’’Kokain und Himbeereis’’ aus dem Jahr 2014 komplett vorgetragen und mit ’’Blondes Gift’’, ’’Bonjour Tristesse’’ und ’’Exorzismus im Kaufhaus’’ fanden sogar Songs aus der Anfangszeit der Band ihren Weg ins abendliche Programm. Thematisch drehen sich die Songs von Milliarden um Liebe, Geld, Freundschaft und Konsum. Und desto länger das Konzert andauerte, desto größer wurde die Party. Sänger Ben hatte sich inzwischen seines Sackos entledigt und tanzte im Unterhemd über die Bühne. Gelegentlich schmückte er sich mit seinem Hut und seiner Sonnenbrille. Mit einem selbst initiierten Circlepit zu ’’Oh Chérie’’ bewiesen die Jungs endgültig, dass ihre Shows eine schweißtreibende Angelegenheit sind.
Gegen Ende ihres Auftritts zogen Milliarden das Tempo noch einmal stark an. Beim sehr wilden ’’Blitzkrieg Ballkleid’’ wurde das Publikum dazu aufgefordert, sich in der Bridge vom Song auf den Boden zu knien. Gesagt, getan. Während alle auf den Eskalationen hervorrufenden Wechsel im Song warteten, ließen Milliarden das Publikum jedoch zappeln und so genehmigte sich der Drummer einen großen Schluck aus einem Flachmann. Nach diesem Jump-The-Fuck-Up-Part folgte mit ’’Freiheit is ne Hure’’ der letzte Song. Wie beim Auftritt der Raglans stürmte nun erneut die andere Band die Bühne. Die vier Briten zeigten sich zum größten Hit von Milliarden sehr textsicher und erneut bewiesen sich beide Bands ihre Liebe zueinander. Da geht einem das Fanherz auf. Mit dem ruhigen ’’Vergiss mich nicht’’ und dem lauten und wilden ’’Ende Neu’’ beendeten Milliarden nach gut 70 Minuten mit zwei Zugaben ihren Auftritt.
Milliarden gehören zu Recht zu den spannendsten Newcomern der deutschen Rock-Schiene. Nach mehreren Festivalauftritten diesen Sommer (u.a. Rock im Park, Deichbrand Festival und Open Flair) haben sie auf dem ersten Teil ihrer ’’Betrüger’’-Tournee einen hervorragenden Eindruck hinterlassen und den meist ausverkauften Venues bislang viel Freude bereitet. Ihr Auftritt spiegelte perfekt den Mix aus teils ruhigen und teils rockigen Songs wieder, der auf ihrem Debütalbum zu finden ist. Milliarden gehört die Zukunft und auf diese Zukunft kann man nur gespannt sein!
© Fotos von Joshua Lehmann