Livereview: MINE + Support, Frankfurter Hof 12.11.2016

„Reißt die Ruder gegen das Meer / es windet sehr, es windet sehr.“ Zum Glück hat es MINE zurück nach Mainz, ihrer Heimatstadt, getrieben. Nach zwei erfolgreichen Deutschlandtourneen bildete das Konzert im Frankfurter Hof am vergangenen Samstag den gebührenden Abschluss für das neueste Album „Das Ziel ist im Weg“. Wir waren vor Ort und berichten.

Mine-1Nur mit einem Pianisten und seiner Akustikgitarre bestückt läutet der Songwriter Tristan Brusch den Abend ein. Hierbei fällt direkt auf, wie unkonventionell der Mann sowohl seine Musik als auch Texte zum Besten bringt. Texte wie „Ich wollte doch gar keine Penis Enlargement Pill – nun trag ich sie unterm Arm“ strotzen nur so von Witz bis zur Grenze des Erträglichen. Was lyrisch teils schon verwirrend wirkt und in einem Lied aus der Perspektive eines Fischs gipfelt, vermittelt an anderen Stellen eine immense Portion an Selbstironie und wohlgeformter Poesie, wie man sie sonst nur von Poetry Slams kennt. Bruschs kraftvolle Stimme bringt erste Wärme in den Raum, die im weiteren Verlauf des Abends noch zu Genüge zu verspüren sein wird.

Mine-3Kaum sind 25 Minuten verstrichen, geht das Licht auch schon wieder aus und es wird Zeit für MINE. Nach einem kurzen elektronischen Intro finden ihre Finger im Dunkeln die Tasten des Stage Pianos, welches unmittelbar in der Mitte der Bühne neben einer Vielzahl an Instrumenten positioniert ist. „Anker“ erklingt mit mitreißender Konsonanz aller Musiker darüber, was sie dort tun: Die Harmonien, die Mine mit ihren Freunden live überliefert, kommen noch besser zur Geltung als auf der CD; jeder beherrscht sein(e) Instrument(e) wie im Schlaf mit Perfektion. Die Säle, die MINE füllt, mögen noch nicht riesig sein, aber das Talent dieser Gruppe ist kaum in Worten festzuhalten. Das Heckmeck kündigt sich an, als der abschließende Schlagzeug Groove von Hip-Hop artigen Scratches überlagert und eine direkte Überleitung in die Single „Essig auf Zucker vorgenommen wird. Das Drumming bei Liedern wie „Findelkind“ kommt erstaunlich hart und ausgereift herüber, sodass jeder anfängt, mit dem Kopf zu Nicken – ob sitzend oder stehend ist hierbei egal. Ebendieser Schlagzeuger (Sebastian Kraus) kann nebenbei am gesamten Abend eine derartig solide Performance hinlegen, dass es schwierig werden würde, hier einen Kritikpunkt zu finden. Chapeau!

Mine-2MINEs Song Auswahl ist vor Allem dominiert von ihrem neuen Album, welches sie, gestreut über genussvolle 100 Minuten, in voller Länge zum Besten gibt. Ältere Must-Haves wie „Ziehst du mit“ oder „Du Scheinst“ finden auch ihren Platz und reihen sich passend neben der neueren Werken ein. Mehrere Überraschungen gibt es dennoch: Zusammen mit dem Rapper Edgar Wasser performt Mine exklusive Lieder ihrer Maxi CD „Aliens“. Eine große Portion an Sozialkritik als auch unverschämtem Flow kommen hier zum Ausdruck und verzaubern alle Zuhörer des Frankfurter Hofs. Auch ein kleiner textlicher Patzer kann die Ex-Popakademie Studentin nicht aus der Ruhe bringen und spielt sogar noch mehr Sympathiepunkte für die Mainzerin ein. Die Art und Weise, mit der sie musiziert ist sowohl bewegend, offen als auch faszinierend. Es findet sich auf der Bühne ein Sammelsurium an Instrumenten von Samplern, Klavieren, bis hin zu einer Geige als auch vielen anderen musikalischen Leckerbissen – und die Musiker als auch MINE selbst wissen genau, was sie dort tun. Nach dem abschließenden „Mond“ tobt der Saal mit Applaus und schreit nach mehr Zugaben, die selbstverständlich auch vorgetragen werden. Mit „Das Ziel ist im Weg“, „Luft nach unten“ als auch der erneuten Zugabe „Mein Freund“ beendet Mine ihre Tour und verspricht, bald wieder zurück zu sein.

Der Abend im Frankfurter Hof ist demnach als wundervoll einzustufen – anders ist es wohl nicht auszudrücken. Das Songwriting, die stimmliche Leistung als auch die schiere Anzahl an Instrumenten, die MINE hier verwendet, fasziniert jeden Zuhörer und zieht diesen in ihren Bann. Es bleibt zu hoffen, dass diese Perle der deutschen Musik noch lange im Business bleibt – es wäre zu schade, wenn das vorbeiginge!

Mine hat folgende Setlist gespielt:

Anker
Essig auf Zucker
Kann sie es tragen
Ziehst Du Mit
Findelkind
Pusteblumenfeld
Du scheinst
Hinterher
Der fliehende Robert
Rot
Zuvielleicht
Katzen
Aliens
Der Mond Lacht

Das Ziel Ist Im Weg
Luft nach unten

Mein Freund