CD Review: Kraftklub – Keine Nacht für Niemand

Kraftklub sind zurück! Knappe drei Jahre nach ,,In Schwarz’’ melden sich die Karl-Marx-Städter mit ,,Keine Nacht für Niemand’’ zurück – und zeigen sich vielfältiger denn je.

Man konnte im Vorfeld der Veröffentlichung lange munkeln, wie sich das dritte Studioalbum der Indie-Rock-Rapper anhören wird. Die erste Auskopplung ,,Dein Lied’’ überraschte als bitterböse Streicherballade über eine fremdgegangene Ex-Freundin, während ,,Fenster’’ mit Farin Urlaub als Gastsänger noch ernstere Seiten aufzog, schon eher an Kraftklub erinnerte und über all die besorgten Bürger herzog und diese mit einem Augenzwinkern zum Freitod aufforderte. Wie immer liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. ,,Keine Nacht für Niemand’’ ist vor allem eins: Ein Album zur richtigen Zeit. Eine der aktuell angesagtesten und wichtigsten Bands unseres Landes hat die Zeichen der Zeit erkannt und nimmt das Heft in die Hand. Dabei lassen Kraftklub ihren bekannten Humor jedoch nicht in der Ecke verstauben, sondern verwenden ihn als markantes Stilmittel der Platte. Schon der Albumtitel ist eine große Verbeugung vor Ton Steine Scherben und deren Frontmann Rio Reiser. 35 Jahre nach deren Platte ,,Keine Macht für Niemand’’ greifen Kraftklub Themen wie gesellschaftliche und politische Missstände auf und transportieren diese ins Jahr 2017.
Doch diese Referenz ist bei Weitem nicht die einzige der Platte. Im Laufe der 48 Minuten werden u.a. Deichkind, DÖF oder Die Ärzte zitiert, während ,,Chemie Chemie Ya’’ offensichtlich auf ,,Shimmy Shimmy Ya’’ von Old Dirty Bastard anspielt und ,,Am Ende’’ schon fast wie ein Update von ,,Am Ende denk ich immer nur an dich’’ von Element of Crime wirkt.

Doch nun zum musikalischen Teil. Im Opener ,,Band mit dem K’’ feiern sich Kraftklub selbst. Der Song ist ein typisches ,,Wir sind wieder da’’-Lied und dürfte bei der Arena-Tour im Herbst wunderbar als Intro funktionieren. Wer bei dem Song an ,,Wir’’ von K.I.Z. denkt, liegt nicht so ganz falsch. ,,Leben ruinieren’’ packt wunderbare Indie-Moves aus, während ,,Chemie Chemie Ya’’ in typischer Kraftklub-Manier über Drogenkonsum herzieht und einer der größten Hits des Albums ist. Mit ,,Am Ende’’ hat das Quintett ihre drei großen Record Release Shows am vergangenen Wochenende bei Rock im Park, Rock am Ring und dem Sputnik Spring Break eröffnet. Der sich stetig aufbauende Song explodiert am Ende förmlich und wird zum schnellsten und lautesten Song der Platte. ,,Fan von Dir’’ lässt es sehr ruhig angehen und gerät so zum schwächsten Song des Albums, ohne wirklich schlecht zu sein. ,,Hausverbot (Chrom & Schwarz)’’ zeigt die Grenzen unserer Gesellschaft auf. ,,Du hast ein Haus und Boot, Ich hab Hausverbot, Das lag alles schon so da, Das war alles schon kaputt’’. Das ebenfalls vorab veröffentlichte ,,Sklave’’ bringt eine elektronische Komponente in den Kraftklub-Kosmos und handelt von Ausbeutung durch Arbeitgeber, behandelt dieses Thema aber mit einer Menge Humor. Typisch Kraftklub eben.

,,Venus’’ zensiert gekonnt das Wort ,,Fick’’ und lässt Arnim Teutoburg-Weiss, Sänger der Beatsteaks, in die zweite Strophe schreien. ,,Hallo Nacht’’ ist der Song, der den Albumtitel am Stärksten aufgreift und zur Revolution gegen den Alltag aufruft. Eigentlich ein passender Abschluss für eine Platte, doch ,,Liebe zu Dritt’’ fährt noch einmal große Geschütze auf und lässt ,,Keine Nacht für Niemand’’ im elektronischen Exzess enden. Ein Stilmittel für die Zukunft? Wir werden es sehen.

All die Vorwürfe, Kraftklub klängen immer gleich, werden mit Studioalbum Nummer drei im Keim erstickt. Die Chemnitzer haben ihre Fassade komplett ausgetauscht, ihren Kern aber behalten. Obwohl viele Songs ruhiger und bedachter daherkommen, lässt es sich dazu doch sehr gut Tanzen. Kraftklub sind eine der großen Bands der aktuellen Generation und treffen die Lage auf den Punkt. Songs wie ,,Fenster’’, die nicht mit dem erhobenen Zeigefinger wedeln, aber warnend sind, stechen am Stärksten auf dieser starken Platte heraus. Dass Kraftklub eine hervorragende Liveband ist, bildet das i-Tüpfelchen auf der Rückkehr der Band mit dem K.