Review: Nathan Gray – Feral Hymns

Im Lichte einer längeren Bandpause hat sich der Frontmann der Hardcore-Punk Formation Boysetsfire in sein kreatives Schaffen zurückgezogen. Mit dem Album „Feral Hymns“ veröffentlicht Nathan Gray ein schwieriges und tristes Songwriteralbum, welches sich in den Sphären des akustischen Politpunks als auch der Emotionsverarbeitung nicht wohlzufinden vermag.

Die beschwerliche Reise beginnt mit dem von E-Gitarren getragenen „As the Waves Crash Down“, in anderen Worten einer Single, die von einem bildstarken Musikvideo begleitet wird und sich wie ein Spannbetttuch über die Themen des Rassismus, der Xenophobie und den grundsätzlichen amerikanischen Protestzeitgeist der Trump-Ära wirft. Während die Texte merklich wichtige Themen ansprechen zeigt sich hier bereits deutlich, dass dem neuen Werk eindeutig der Druck in der Instrumentation fehlt. Schimmernde E-Gitarren schweben über schnellem Akustikgitarrenspiel, doch die motivierende Rhythmik wartet vergeblich auf eine helfende Kraft wie etwa in Form eines Schlagzeuges oder gar irgendeiner Perkussion, welche die Kunst im Handumdrehen in einen Boysetsfire Song transformieren würden. Nein, Gray setzt auch in den Folgeliedern vor Allem auf artistische Nacktheit statt überladenen Soundwänden.

Leider spinnt sich das unheilvolle Experiment der alternativen Instrumentierung weiter fort in Liedern wie dem folgenden „Echoes“ oder dem späteren „Ebbing of the Tide“, die beide auf zu simplen Akkordfolgen basieren und auch in ihren Refrains keine großen Hooks abliefern können, wie man dem Albumtitel zufolge womöglich vermutet haben könnte. Stattdessen spickt der Sänger seine Balladen dauerhaft mit Backgroundgesängen, die fast so oft auftreten wie seine Hauptstimme und folglich den Effekt einer melodietragenden Mehrstimmigkeit reduzieren.

Ein weiteres Problem liegt auch in der Sauberkeit der Aufnahme vieler Instrumente und Grays Stimme selbst: Besonders im vorletzten Lied „Damascus“ klingen die Streicher meist einen Viertelton neben der intendierten Note, wovon auch Grays zerbrechliche Stimme nicht ablenken kann. Über große Teile des Albums hinweg wirkt dieser stimmlich etwas unsicher. Ob das nun ein Stilmittel ist, um diese Songs persönlicher zu machen, bleibt unbeantwortet, daherkommen tut das Material aber mehr wie eine in einem Take aufgenommene Jamsession mit allen Kratzern und Fehlern, die sie mit sich bringt. Dieses Zittern beendet das Album auch im abschließenden „Blue Hearts & Shades of Grey“ abrupt und evoziert Stirnrunzeln im Hinblick auf das Vorhandensein eines Spannungsbogens.

Anders als es der Titel des Albums ausdrückt finden sich hier also keine wilden Hymnen. Im Laufe der 12 Lieder schafft Gray es nicht, seine Werke voneinander abzugrenzen und markant zu gestalten. Viel mehr verebben die Songs ineinander und kreieren am Ende der Geschichte einen weinenden, mißlungenen Brei, der sich aufgrund seiner Fehlformierung nach Liebe sehnt. Aber so ist das eben in vielen Aspekten des Lebens: Beispielsweise beim Kochen kann viel schief gehen und man sollte am besten von vorne anfangen – bei dieser Soloauskopplung des Boysetsfire Sängers sieht das unglücklicherweise ähnlich aus.