Gebündelte Vielfalt: Veil of Maya und Dance Gavin Dance sind in den letzten Zügen ihrer Co-Headline-Tournee durch Europa. Wie die zwei grundverschiedenen Bands im Zoom Frankfurt angekommen sind, lest ihr bei uns.
Das winzig kleine Zoom füllt sich langsam, als Thousand Below den Abend einleiten. Gewappnet mit einem Intro, welches erst nach der Hälfte zu hören ist, werfen dunkle Ereignisse seine Schatten voraus: Das Quintett aus San Diego wird nämlich bei seinem gesamten Auftritt von unfassbar schlechtem Sound verfolgt, was die Musik live anders als in der wuchtigen Studiovariante nur zu gewissem Ausmaß adäquat repräsentiert. Die jedoch für den Zuhörer akustisch verständlichen Passagen evozieren erstes Kopfnicken und dienen als das, was man sich von dem Support erwartet, nämlich unterhaltsame 30 Minuten. Highkicks, choreografische Sprünge und die Angst, dabei mit dem Kopf an die Anlage zu stoßen dominieren das halbstündige Set. Erste vergebliche Aufrufe zum Moshpit evolvieren sich schnell in verzweifelte Hilferufe einer Gruppe, die noch ihre Nische finden muss, um den Funken ganz überspringen zu lassen. Die Band erfindet keineswegs das Rad neu, bietet aber eine spaßige Performance dar, die mit über den Auftritt hinweg wachsendem Applaus belohnt wird.
Einen innovativeren Ansatz fahren hingegen Dance Gavin Dance mit ihrem von irrwitzigen Frickelgitarren überladenen Post-Hardcore Sound. Nicht nur musikalisch wird hier ein Kontrastprogramm zum Vorgänger geboten, auch das bandinterne Verständnis von Bühnenpräsenz differiert stark: Während Screamer John Mess sich eher wie ein Körperklaus über die Bühne schleppt, mies ins Publikum starrt und später Macarena tanzt, flattert Sonnenschein Tilian Pearson nur so dahin und packt erotische Tanzeinlagen aus. Der scheinbar sorglose Frontmann beweist live eine immense Stärke in der Kombination von gelungener Performance und makellosem Gesang. Diese überzeugende Facette der Band wird umringt von den beiden Gitarristen, die ekstatisch um die Wette tappen und mit sowohl semi-elektronischen als auch befremdlichen Klängen das kurzweilige Set würzen. Neben neuen Liedern wie „Chucky vs. Giant Tortoise“ sehen auch alte Evergreens wie „Me and Zoloft Get Along Just Fine“ das Tageslicht, der Schwerpunkt liegt jedoch ganz klar auf neuem Material des jüngsten Albums „Mothership“. Nach 45 (leider gefühlt etwas zu kurzen) Minuten verlässt das Quintett die Bühne mit „Inspire the Liars“ und lässt das nach Zugaben ringende Publikum begeistert zurück.
Veil of Maya marschieren anschließend mit mächtigem Djentgeballer auf die Bühne: „Whistleblower“ offeriert zu Beginn des Auftritts direkt das tighte Zusammenspiel der Herren aus Chicago. Obwohl das Zoom unverständlicherweise schon leerer geworden ist, lässt sich das Quartett davon nicht abbringen und performt durchweg mit breitem Grinsen auf den Gesichtern. Insbesondere Bassist Danny Hauser posiert hierbei breit lächelnd scheinbar dauerhaft für wohl jedes Foto, welches von Fans aufgenommen wird. Das ist besonders witzig, wenn parallel tiefergestimmte Gitarrenklänge die Trommelfelle massieren und Frontmann Lukas Magyar seine Zauberkräfte spielen lässt. In der Tat, die unmenschlich schnellen Wechsel zwischen Klargesang und Growls begeistern und geben mehr Öl ins Feuer der Tanzfläche, welche von Beginn an von wildem Violent Dancing bewohnt ist. Über den gesamten Auftritt hinweg glänzt Gitarrist Marc Okubo mit seinen kontrastierenden, dystopischen und schrillen Frickel-Einlagen, die die Band wohl am besten charakterisieren. Die gute Abmischung spielt Veil of Maya definitiv zu, da so die zerhackten Riffs noch mehr zur Geltung kommen als auf dem Album. Aber auch in melodischen Momenten beweist die Band ihre Stärke: „Doublespeak“ beispielsweise balanciert gekonnt Himmel und Hölle und findet live eine angemessene Ausführung. Der einzige Kritikpunkt im wuchtigen Set ist wohl, dass die Spannungskurve auf einem konstanten Hoch ist, was wenig Raum für Dynamik und tiefes Durchatmen lässt. Aber wer erwartet auch eine entspannte Ballade…
Die abstruse Kombination der beiden Headliner geht also am Ende perfekt auf. Dance Gavin Dance liefern mit ihrer spaßigen Musik einen emotionstechnisch fröhlicheren Auftritt, während Veil of Maya auf durchgehende Fausthiebe setzen und damit problemlos davonkommen. Beide Bands haben an diesem Abend demonstriert, dass sie ihr Handwerk äußerst sicher beherrschen. Die kleine Konzertlocation macht das ganze Geschehen zudem noch umso intimer und bringt Schweißperlen auf das Gesicht eines jeden, der diese auch nur zu betreten vermag. Wir sind uns sicher, dass diese Kombination nicht zum letzten Mal den Globus getourt haben wird. Daumen hoch!
Bilder © Valentin Krach