Konzertbericht: Die Nerven + ZweiLaster, Hannover Kulturzentrum Faust, 05.11.2024

Hier beginnen die Nerven ihre „Auf der Flucht vor der Wirklichkeit“-Tour, die erste Tour zu ihrem im September erschienenen sechsten Album Wir waren hier, mit dem sie nach Die Nerven (2022) erneut an die Spitze der Jahresbestenlisten der hiesigen Musikmagazine springen könnten.

Auch das Publikum im gut gefüllten Kulturzentrum Faust zeigt sich begeistert und textsicher – muss es auch, sind die ersten sechs Songs auf der Setlist identisch mit den ersten sechs Songs von Wir waren hier. Von Nervosität keine Spur, Kevin Kuhn, Max Rieger und Julian Knoth sind bestens eingespielt und nehmen die Möglichkeit wahr die Energie der neuen Stücke live zu potenzieren oder sie, wie etwa bei Grosse Taten, auszudehnen. Aber nicht nur das, auch die melancholische Erhabenheit von Achtzehn steht dem Noise-Post-Punk-Trio ausgezeichnet, das sich anschließend ihren vorherigen Veröffentlichungen widmet, aber auf Songs von Asoziale Medien (2012), Fluidium (2012) und Out (2015) verzichtet. Was schade ist, aber auch verkraftbar, wenn etwa Dunst seine Live-Premiere feiert oder Angst  als letzter Song vor der Zugabe zeigt, dass die Nerven auch 2014 schon zu einer der besten deutschsprachigen Bands gehörten: „Versteckt du dich? Oder drehst du dich weg?“

Eine Band, die ebenfalls mehrFragen aufwirft als beantwortet ist Support ZweiLaster aus Stuttgart. Das Punk-Duo aus Schlagzeug und Gitarre setzt auf Dadaismus und musikalischen Minimalismus, nutzt die Pause zwischen den Songs für Comedy-Einlagen ohne gewollte Pointe und zeigt mit Texten über Urin und Tauben, dass bitte alles mit einem Augenzwinkern zu verstehen ist. Produziert wurde ihr Debütalbum Scheiblettenkäse & Sehnsucht von Julian Knoth, der sich mit seinen Bandkollegen gewohnt wortkarg gibt. Für die Show-Momente ist Schlagzeuger Kuhn zuständig, der in Rockstarmanier mit seinen Schlagzeugsticks in die Menge zeigt oder nach Abschluss des Konzerts die ersten Reihe per Handschlag verabschiedet. Vielmehr an Publikumsinteraktion haben die Nerven nicht nötig, auch weil ihre Songs für sich sprechen.