Cane Hill, Killswitch Engage und Bullet for My Valentine. Was nach viel Lärm und ordentlicher Eskalation riecht, entpuppte sich als das Metal-Fest des Jahres. Wir haben die Tour der Superlative besucht und verraten euch, warum dieses Spektakel zu den absoluten Highlights in 2016 zählt.
Mit Cane Hill haben Bullet for My Valentine einen der spannendsten Metalcore-Newcomer als Opener-Act gewinnen können. Die US-Amerikaner haben an diesem Abend jedoch einen undankbaren Slot bekommen. Als sie um 19:30 Uhr zu einem Doom-artigen Instrumental-Intro die Bühne betreten, ist der Schlachthof überschaubar gefüllt. Frontmann Elijah Witt hatte nach dem ersten Song bereits genug gesehen und forderte das Publikum zum Gewalttänzchen auf. Dem kamen jedoch nur vereinzelt Fans nach, was der Performance der Band jedoch keinen Abbruch tat. Genau so brutal, verstörend und dennoch genial wie auf Platte warben Cane Hill eine gute halbe Stunde für sich. Die Ansagen von Witt dürften jedem Konzertbesucher noch Tage später in den Ohren klingeln. So zürnte er über Donald Trump und ließ mit einem sich ewig wiederholenden ,,Fuck Trump’’ seine ungefilterte Meinung auf die Massen los. Elijah, Recht hast du! Mit den Worten ,,I’m going to get stoooned’’ verabschiedete sich der Sänger mit seinen Bandkollegen nach einer großartigen Performance von der Bühne.
Cane Hill haben das Zeug, in den nächsten Jahren zu den ganz Großen im Metalcore/Nu-Metal Genre zu werden. Slipknot trifft hier auf Korn und dennoch fühlt sich die Musik der Amerikaner frisch wie Morgentau an. Liebe Leser, Cane Hill ist eine warmherzige Empfehlung!
Von Newcomer zu Metalcore-Großvätern. Killswitch Engage dürfte eine der bekanntesten Support-Bands sein, die der Schlachthof jemals zu Gesicht bekommen hat. 1999 gegründet, bereits 7 Alben veröffentlicht und unzählige Line-Up Wechsel hinter sich. Seit 2012 spielt die Band jedoch in gleicher Besetzung, seitdem Gründungsmitglied und Sänger Jesse Leach wieder Teil der Band ist. Mit ’’Incarnate’’ hat die US-amerikanische Band dieses Jahr ihr neuestes Brett veröffentlicht und eröffnete mit ’’Alone I Stand’’ ihr Set mit einem Song aus jenem Album. Das Publikum zeigte sich ab der ersten Sekunde textsicher und bewegungsfreudig. Der mittlerweile rappelvolle Schlachthof wurde dabei gleichermaßen musikalisch als auch komödiantisch unterhalten. Bandchef und Gitarrist Adam Dutkiewicz hätte man an diesem Abend alle vorhandenen Comedy-Preise überreichen können. Er forderte das Publikum zu ,,Moshpitting-Partys’’ auf, machte Grimassen ohne Ende und sprang wie ein Flummi über die Bühne. Höhepunkt seiner Witzigkeit war die letzte Ansage des Abends, als er davon sprach, dass Metal-Konzerte aus ,,Bier, Metal und Sex’’ bestehen.
Keine Frage, Killswitch Engage haben eine großartige Performance abgeliefert und ihre Bühnenpräsenz ist beeindruckend. Sänger Jesse Leach zählt zu den begnadetsten Sängern im Metalcore-Genre. Sowohl Schreie als auch Clean-Gesang wurden nahezu perfekt vorgetragen und bei Kassenschlagern wie ’’A Bid Farewell’’ oder dem unantastbaren ’’My Last Serenade’’ übertönte ihn das Publikum sogar. Man kann nur hoffen, dass Killswitch Engage nächstes Jahr auf eigene Headliner-Tournee kommen. An dieser Stelle konnte man sich getrost fragen, wie das Publikum die dritte Band des Abends überstehen wollen würde. Die Antwort folgte prompt!
Das doch etwas üppigere Bühnenbild wurde bereits in der Umbaupause offensichtlich. Vier gigantische Banner mit den Anfangsbuchstaben B, F, M und V schmückten die Wand der Bühne bereits während den ersten zwei Bands, nun wurde noch ein großes Podest hinter dem Drum-Set offenbart und das Ausmaß der Lichtproduktion konnte man jetzt erst erkennen. Die walisische Metalcore-Band konnte das Nonplusultra der Hallentechnik für ihre Tournee gewinnen. Das Licht erlosch, da tönte noch Lemmy und ’’Ace of Spades’’ aus der Anlage. Kaum war der letzte Ton erklungen, bereiteten sich die weit über 2.000 Konzertbesucher auf den Kanonenschlag vor, der in Kürze folgen sollte. Wie eine Armee schritten Bullet for My Valentine zum Intro ’’V’’ auf die Bühne. ,,There’s no way out’’ schrie Bassist Jamie Mathias der Masse entgegen und ab ging die Post! Nach dem perfekten Opener ’’No Way Out’’ folgte mit ’’Skin’’ ein Song, der bislang eher als Live-Rarität bekannt war. Umso erfreulicher, dass das Quartett diesen Song nun in ihr Live-Programm aufgenommen hat. Die folgende Zeit dürfte sich für Bullet-Fans zu einer kleinen Hitparade entwickelt haben. Gassenhauer wie ’’Your Betrayal’’ oder ’’Scream Aim Fire’’ fanden ihren Platz im ersten Drittel der Show, bei ’’Venom’’ zeigte sich jeder Fan gleichermaßen textsicher und emotional berührt.
Man kann Bullet for My Valentine nur dafür loben, wie perfekt sie es schaffen, gleichermaßen grandiose Gitarrenriffs zu schreiben, nie unter einer gewissen Härte zu bleiben und dennoch Refrains zu kreieren, die einem tagelang im Kopf bleiben. Chapeau!
Zu einer erstklassigen Live-Performance gesellte sich eine starke Bühnenshow. Sänger Matt Tuck nutzte das ihm zur Verfügung gestellte Podest ausgiebig, in den hinteren Bereichen der Bühne loderten sehr oft Flammen und eine ausgezeichnete Lichtshow tat ihr Übriges. Diese Jungs wissen, wie eine Metal-Show auszusehen hat! Kurz vor dem Beginn ihrer Europatournee haben die Waliser mit ’’Don’t Need You’’ einen neuen Song veröffentlicht, der zu Beginn einen gewaltigen Breakdown evoziert. An dieser Stelle ließen es Bullet krachen und einen Feuerwerkskörper an der Decke der Bühne explodieren. Nicht wenige Konzertbesucher erschraken dabei. Den Großteil der Setlist bildete dabei das Debütalbum ’’The Poison’’, das die Band 2005 veröffentlicht hat und in Kürze auf ihrer UK-Tour bei 6 Shows in voller Länge performen wird. Das ungeliebte Album ’’Temper Temper’’ hingegen fand’ keine Beachtung. Gut so!
Mit ’’Waking the Demon’’ beschlossen Bullet vorläufig ihr Konzert. Die Show war jedoch noch lange nicht vorbei. Mit einem Zugabenblock der Superlative präsentierte die Band noch die Sahnehaube auf der Kirschtorte. ’’Her Voice Resides’’, ’’Hand of Blood’’ und das im Crowdsurfer-Meer endende ’’Tears Don’t Fall’’ spiegelten am Ende all das wieder, was diesen Abend ausmachte: Feiernde Fans, eine großartige Soundkulisse, perfekte Live-Performances sowie eine Bühnenshow der Extraklasse. Da verwunderte es auch keinen, dass ein Sanitäter im Publikum sein Handy zückte und spontan mit filmte.
Bullet for My Valentine verabschieden sich nach dieser Europa- und UK-Tournee in eine Pause, um an ihrem neuen Album zu arbeiten, das bereits nächstes Jahr erscheinen soll. Die Band befindet sich gerade auf einem erneuten Karrierehoch und es ist davon auszugehen, dass das nächste Album ein weiteres Manifest der Band wird. Jeder einzelne Fan im Publikum dürfte nach diesem Konzert mit einem Lächeln auf den Lippen nach Hause gekommen sein. Dieses Konzert war laut, spaßig, qualitativ hervorragend und beeindruckend. Danke Cane Hill, Killswitch Engage und Bullet for My Valentine! Bis bald!
© Fotos von Joshua Lehmann