Review: Deafheaven – Ordinary Corrupt Human Love

Deafheaven ziehen auf ihrem neuen Werk „Ordinary Corrupt Human Love“ die Vorhänge auf und lassen Licht in dunklen und verwüsteten Raum, den sie mit ihrem vergangenen Album „New Bermuda“ noch zurückgelassen hatten.

Die Band aus Kalifornien präsentiert sich anders und erfrischend auf ihrer mittlerweile vierten Platte. Eingeleitet durch ein prägnantes Klaviermotiv schwelgt „You Without End“ in atmosphärischen Klanglandschaften und treibt einem ein Lächeln ins Gesicht, das selbst der keifende Gesang von Sänger George Clarke nicht zu unterbinden mag. Im darauffolgenden „Honeycomb“ ändert sich dieses Bild jedoch schlagartig: Angetrieben von Blastbeats ächzt und krächzt Clarke in gewohnter Manier und fletscht seine Zähne. Ab der Hälfte erfolgt dann der Bruch, die Band unternimmt einen Ausflug in sphärische Post-Rock-Gefilde und lässt den träumerischen Gitarren freien Lauf. Diese idyllischen Sounds werden auch im längsten Stück der Platte, „Canary Yellow“, aufrechterhalten, bevor Deafheaven erneut ihren progressiven Post-Black-Metal zur Entfaltung kommen lassen.

Auch wenn sich die Band ihrem Sound treu bleibt, die ersten Lieder von „Ordinary Corrupt Human Love“ skizzieren keine zerbrochenen und selbstzerstörerischen Bilder, die auf den Vorgängeralben noch aus Clarkes Seele entsprungen waren. Vielmehr schreiten die Lieder mit ihren teilweise minutenlangen Gitarrensoli dem Sonnenuntergang entgegen und versprühen Momente der Glückseligkeit. Diese schlagen besonders in „Near“ aus, das mit seinen sanften Gitarren und einer seltenen cleanen Gesangseinlage an die Shoegaze-Ikonen Slowdive erinnert. Wie gut die Kooperation aus Post-Black-Metal und Doom-Folk klingen kann, zeigt „Night People“. In dem balladesken Stück geben Clarke und Gastsängerin Chelsea Wolfe ein schauerlich schönes Duett, das vom Klavier getragen wird und sich unter rhythmischen Impulsschlägen weiter steigert.

Auf „Ordinary Corrupt Human Love“ lassen Deafheaven Licht durch das Dickicht scheinen. Sie wenden sich von den privaten Sorgen ab und betrachten das gesellschaftliche Konstrukt. Das Ergebnis ist ein einstündiges Werk, das zwar zusammenhangsloser als Deafheavens Meilenstein „Sunbather“ wirken mag, aber eine ähnliche Kraft entfaltet. Die Alben der Band miteinander zu vergleichen bleibt weiterhin ein schwieriges Unterfangen, denn jedes einzelne erzählt eine neue Geschichte.

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Label: Epitaph
VÖ: 13.07.2018

Genre: Black Metal, Post-Rock, Shoegaze

Vergleichbar:
Oathbreaker – „Rheia“
Lantlôs – „Melting Sun“

Wertung: 12/15