Review: Nothing – Dance On The Blacktop

Alle bisherigen Alben der Alternative-Shoegazer Nothing waren geprägt von den persönlichen Tragödien, die Frontmann Domenic Palermo durchlebt hat. Die neue, dritte Platte „Dance On The Blacktop“ erzählt eine weitere Episode seines Lebens.

Auf dem Debüt „Guilty Of Everything“ aus dem Jahr 2014 hatte sich Palermo noch mit seinem zweijährigen Gefängnisaufenthalt auseinandergesetzt, die er für schwere Körperverletzung abgesessen hatte, auch wenn es nach seinen Aussagen Selbstverteidigung war. Nach einem Konzert 2015 wurde Palermo dann von mehreren Personen überfallen und gewaltsam attackiert, wobei er lebensgefährliche Verletzungen erlitt. Diese Ereignisse kanalisierte die Band 2016 auf dem folgenden Album „Tired Of Tomorrow“. Doch mit den Folgen hat Palermo immer noch zu kämpfen: Ärzte diagnostizierten ihm eine chronisch-traumatische Enzephalopathie, also einer neuralen Dysfunktion, die oftmals nach heftigen Schlägen auf den Kopf eintritt.

Und so leitet „Zero Day“ wenig hoffnungsvoll in das Album ein: „Everything starts the same/ Infinity/ Oblivion“ flüstert Palermo zwischen den Fuzz- Gitarren, die sich flirrend zu breiten Klangflächen aufschichten. Doch anstatt in tiefe Melancholie zu versinken, schicken sich Nothing an, auf „Dance On The Blacktop“ ihren eigenen Sound weiterzuentwickeln. Irgendwo zwischen My Bloody Valentine und Nirvana bewegt sich „Blue Line Baby“ zwischen stürmischen Melodielinien, treibenden Drums und in Hall gebetteten Gitarren, die Palermos sanfte Stimme in der Strophe umgarnen.

Klang es auf dem Vorgänger „Tired Of Tomorrow“ insgesamt noch heller und aufgeräumter, kehren Nothing in den neun Songs zurück zum Sound der Anfangszeiten der Band. Raue und verwaschene Texturen bestimmen das Gesamtbild, die sich wie in „You Wind Me Up“ aber auch zu eingängigen Riffs formieren. „Plastic Migraine“ und „The Carpeter`s Son“ nehmen jedoch Fahrt aus den mitreißenden Strömen und lassen den Shoegaze der 90er-Jahre aufleben. Unter das schwerfällige Schlagzeug mischen sich effektgeladene Gitarren, die ein träumerisches Bild erschaffen. Dieses zerschlägt sich kurz darauf wieder, wenn Palermo mit nun gefestigter Stimme in „Us/We/Are“ die Leiden seiner Diagnose skizziert: ,,Someday/ I know it sounds crazy/ There`s static in my head/ Everything red/ Everything red“.

„Dance On The Blacktop“ als reine Selbsttherapie zu betrachten, wäre ein Trugschluss, denn Nothing richten den Blick nach vorne und machen das, was sie am besten können: Musik. Zusammen mit Produzent John Agnello, der schon mit Dinosaur Jr. oder Sonic Youth zusammengearbeitet hat, haben sie eine Platte erschaffen, die den musikalischen Zeitgeist der 90er in das Jetzt überträgt.

Nothing - Dance On The Blacktop

Label: Relapse
VÖ: 24.08.2018

Genre: Shoegaze, Alternative, Dream-Pop

Vergleichbar:
My Bloody Valentine – „Loveless“
Deafcult – „Auras“

Wertung: 11/15