Review: De Staat – Bubble Gum

Die Musik von De Staat, der Band um Frontmann Torre Florim, einzugrenzen wäre fatal. Was das Quintett nämlich an Sounds bastelt, ist nicht einfach zu kategorisieren und zudem auch vollkommen unnötig. „Bubble Gum“ liefert erneut ein Testament dafür, dass keiner wie sie klingt.

Be weird and wonderful. De Staat scheinen, womöglich gerade wegen ihrem unkonventionellen Ansatz in Sachen Songwriting und Sound, außerhalb der Niederlande immer noch ein Geheimtipp zu sein. Nach ihrem Support Slot für Muse (2016) und dem Vorgängeralbum „O“ tourten die Herren unersättlich, während die Aufnahmen zur neuen Platte bereits im Gange waren. „Bubble Gum“, erscheinend am 18.01.2019, macht da weiter, wo „O“ den Zuhörer stehen gelassen hat. Eins fällt jedoch sehr schnell auf: Große Hooks weichen noch extremeren und längeren Instrumentalpassagen. „Kitty Kitty“ beispielsweise fungiert als entzückend retardierendes Moment zu Beginn des Albums, mit in die Länge gezogenen Build-Ups und verzacktem Drumming, während die beiden Folgelieder mit äußerst merkwürdigen Klängen experimentieren: Orientalische Tonleitern, Glitch Synthesizer und ‚verstimmte‘ Gitarren machen „Fake it Till You Make It“ zu einer witzigen Ode an die Fake News Ära; Vorabsingle „Mona Lisa“ moduliert in seiner Bridge gekonnt Synthesizer Parts und shufflet vor sich hin, während Drummer Tim van Delft vertrackt seine Beats abändert und zwischen Sechzehntel- oder Triolenfeel hin- und herwechselt. Dieser Trend wird auf dem Rest des Albums fortgeführt und zeugt von einem sehr guten Verständnis filigraner (und trotzdem komplexer) Schlagzeugrhythmen.

Grundsätzlich werden gerne repetitive, fast schon orgelpunktartige Riffs mit rhythmischen Verschiebungen und nahezu außerirdischen 80s Synthesizern kombiniert. Ein Ausschweifer in den Nonsens ist das Lied „Pikachu“, welches sich mit seinem hypnotischem Wabern konstant im Kreis dreht und letztendlich in den Blitzschwanz beißt, da es nirgends hinführt. Ein solcher Ausrutscher darf aber gerne mal passieren und unterstützt das Grundgefühl, dass De Staat es sich vollkommen in ihrer musikalischen Nische gemütlich gemacht haben. Abgesehen von der etwas öden Struktur des Songs glänzt Keyboarder Rocco auf diesem Album besonders mit seinem Feingefühl für die möglichst ausgereiftesten Sounds, die die Band je zu Tage gebracht hat. „Phoenix“ bestätigt diese Hypothese: ein Synthesizer Intro, das genauso auch aus „Inception“ hätte stammen können, eröffnet den dann entspannten Song überraschend. Bemerkenswert ist, dass Florim bei der Bridge in Falsetto und „Woah“ Passagen ausschweift, die wie eine Kreuzung aus Muse und moderner Filmmusik klingen (und es dabei noch besser macht, als Matt Bellamy selbst). Wer wagt, gewinnt. Das ultimative Highlight des Albums ist „Me Time“, welches in seiner musikalischen Erscheinungsform in die Fußstapfen vom Megahit „Witch Doctor“ tritt. Ein stampfender Beat, Endboss Synthesizer und ein Höhepunkt in Form eines fast Jumpstyle-artigen Endteils?! – das schreit nach wuchtigen Liveauftritten. Das Ende macht „Luther“, ein 7 Minuten langes Lied, welches größtenteils ohne Gesang auskommt und das Album mit einer milderen Note ausklingen lässt.

Unsere Schlussfolgerung? „Bubble Gum“ ist ein einzigartig klingendes Album, das De Staats Ruf als Klangexperimentierer und Songwritingkünstler festigt. In der Tat kleben die Rhythmen auf der CD wie Kaugummi, denn sie sind einfach so schön staubtrocken und frech. Von der (Eigen!) Produktion bis hin zur musikalischen Umsetzung ist dieses Werk so perfekt, wie kaputte Musik nur sein kann.

Bubble Gum – VÖ: 18.01.2019 über Caroline International
Genre: Indierock, Alternative Rock, Electro

Vergleichbar:
Muse – Simulation Theory
Triggerfinger – Colossus

Wertung: 14/15