Review: Blond – Martini Sprite

Martini Sprite ist ein Tonträger, der so vielfältig ist, dass es schier unmöglich scheint, ihn in eine Schublade zu packen. Einen roten Faden gibt es aber dennoch: Den typischen Blond-Humor. Dieser, zusammen mit eingängigen wie cleveren Texten und vielen genretechnischen Überraschungen zaubert ein ganz wunderbares Hörerlebnis. Das Jahr 2020 könnte für die Chemnitzer Band ein ganz großes werden – das weiß Mensch spätestens nach dem Hören des Albums. Oder, um eine Zukunftsprognose in den Worten der Band selbst zu geben: „Menschenmassen kämpfen tagelang vorm Stadion – die heilige Dreifaltigkeit ist angekommen“.

Angeführt werden die zwölf Songs von einem knapp halbminütigen Intro, das eingefleischten Blondinators bekannt vorkommen wird: mit einer Abwandlung dessen haben Nina, Lotta und Johann im Oktober vergangenen Jahres in einem Instagram-Video Martini Sprite angekündigt. Auch sonst birgt das Debütalbum einige Bekannte. Beispielsweise den Song Autogen, den Blond im vergangenen November als Single veröffentlicht haben. Dieser kommt genau wie die Single-Auskopplungen Match und Hit etwas poppiger als gewohnt daher. Der Anti-Mansplaining-Hit Thorsten wie auch die jüngste Single Es könnte grad nicht schöner sein bieten dafür aber umso mehr nach vorne treibende Gitarrenriffs und Basslines als auch Potential für den einen oder anderen Moshpit auf Konzerten.

Besonders aber einige der bisher unbekannten Songs können sich mehr als sehen lassen: Las Vegas Glamour, ein Song über die Gegensätzlichkeit von Innen- und Außenperspektive des Musiker*innen-Daseins in seinen Anfängen, besitzt neben einer so einprägsamen Bassline, dass Mensch sich sofort dazu bewegen möchte, einen genialen und humorvollen Text: „Outfitwechsel alle paar Sekunden, Las Vegas Glamour und die Blockflöte sprüht Funken/ Lottas Sticks – zwei Mal der Elderstab/ Johann spielt den Bass im Herren-Spagat/ Ninas freshe Frise sitzt perfekt, sie rockt korrekt am Rockbesteck“. Funkensprühende Blockflöten?! Uhm, yes please, bitte auch auf Tour mitbringen, danke. Wem das zu sehr nach Überhöhung des Rockstar-Selbst klingt, der kann sich spätestens beim Refrain entspannen: „Blond sind mit Schlafsack im Backstagebereich/ Es gibt mal wieder Reis mit Scheiß/ Für ein Konzert sechs Stunden Autobahn und Nina hat mal wieder Magen-Darm/ Waren leider nicht ganz so viele Gäste da, der Veranstalter momentan nicht auffindbar/ Die Hotelbuchung irgendwie vercheckt und unser Auto wurde abgeschleppt.“

Ein weiteres Highlight ist der Song Sanifair Millionär. Beats und der Stil des (Sprech-)Gesangs erinnern an Rapsongs der 1990er Jahre. Der Text ist eine Hommage an Autobahn-Raststätten und die allseits beliebten Sanifair-Toiletten, ebenso wie eine Parodie auf unangenehme Mitbürger*innen, die ihr Auto vielleicht ein bisschen zu gern haben: „Tag für Tag auf der Autobahn sieht man mich im Lamborghini fahren/ Vrum vrum, CO2-Ausstoß, der V8 schnurrt wie die Kitty im Schoß. […] Cash in der Tasche, mir ist nichts heilig, rase durch die Rettungsgasse, ich hab‘ es eilig“. Sidenote: Für Raststätten hat die Band offenbar sowieso ein Herz – oder Blond verbringen dort einfach sehr viel Zeit, wenn sie auf Tour sind. Zumindest gibt es auf Spotify eine ganz fantastische, von der Band kuratierte Playlist mit dem einprägsamen Namen Raststätten Rave.

Alles in allem ist Martini Sprite ein ziemlich gelungenes Debütalbum, das sicherlich auch viele neue Hörer*innen zu Blond-Fans aka Blondinators machen wird: Besonders die poppigeren Songs haben hierbei Potenzial eine breite Masse anzusprechen. Es ist aber trotzdem schön zu sehen, dass die Punkrock- und Indie-Elemente, wie sie besonders in den früheren Releases vorkommen, nicht verloren gegangen sind. Doch auch allen, die nicht so zufrieden mit dem Album sind, ist die Band wohlgesonnen, wie sie im Outro des Albums verspricht: „Wenn‘s euch nicht gefallen hat, ist das auch gar nicht schlimm denn vielleicht bekommen wir‘s beim nächsten Mal ja besser hin“. Ach, und hatte ich schon erwähnt, dass Blond einen guten Humor haben?

Martini Sprite

Label: Beton Klunker Tonträger
VÖ: 31.01.2020

Genre: Indierock, Pop, Alternative Rock

Vergleichbar:
Acht Eimer Hühnerherzen – Acht Eimer Hühnerherzen
Dives – Teenage Years Are Over

Wertung:
12/15