Review: Parkway Drive – Viva The Underdogs

Die Biere fließen, scheinende Sonne, eine begeisterte Menge und gute Musik – in einer Periode der sozialen Isolation scheint all das wie der Traum einer anderen und besseren Zeit. Parkway Drive liefern mit ihrer Live CD und drei Bonustracks einen nostalgischen Rückblick in den Sommer 2019 und spenden Hoffnung dafür, wie es in geraumer Zeit wieder sein könnte.

Die enorme Last, die momentan auf dem kulturellen Sektor liegt, blieb auch den Australiern nicht erspart: Die bis kürzlich angestrebte Viva The Underdogs Tour musste auf den Herbst verlegt werden wegen der Gefahr durch Covid-19. Gewissermaßen ist der Live Mitschnitt vom Headline Slot auf Wacken ein Schnappschuss einer Zeit, die für uns nun weiter entfernt wirkt denn je: Die Festivalsaison.

Ein Meister eben dieser Events sind Parkway Drive schon seit geraumer Zeit, was sich auch im über die Jahre stets größer werdenden Band Logo kenntlich gemacht hat. Der Mitschnitt ist das Gegenstück zum im Januar veröffentlichten Dokumentarfilm „Viva The Underdogs“, der die Reise der Band von Underdog Surfer Jungs zu Festival Headlinern chronologisch festhält. Der musikalische Aufstieg ist die Hauptstory, welche das Quintett aus Byron Bay mit diesem Release erzählt.

Leider wird auf das eröffnende, epische Wishing Wells für die Aufnahme verzichtet, was aber mit einer feurigen Variante von Prey gutgemacht wird. Die Band schafft es, in nur elf ihrer sechzehn live gespielten Lieder die Spannweite ihrer Genreausschweifungen zu illustrieren. Rücken an Rücken tun sich die markanten Stilwechsel der Band über die Jahre prägnant hervor: Alte Circle Pit Brecher (Karma, Idols & Anchors, Carrion) bedienen sich klassischer Metalcore Elemente, die der Band erst ihren jetzigen Status ermöglicht haben. Der Sound des Projekts wurde über die Jahre zugleich ernster und zugänglicher, was ihnen einen starken Fanbase Zuwachs verschaffte. Schielt man gen IRE, so schleichen sich erste Metalstampfer ein (Bottom Feeder), und die Lieder des jüngsten Reverence treiben sich im Midtempo und epischen Gitarrenparts herum. Besonders Chronos ist hier ein schönes Beispiel für die verstärkte Affinität zur Lead Gitarre, die sich in einem bombastischen – und exzellenten – Gitarensolo Jeff Lings manifestiert.

Dennoch ist Wild Eyes unüberraschenderweise eines der mitreißendsten Lieder. Das Publikum ist lautstark beim Gröhlen zu hören, Lings Melodien schweben über dem Metalcore Fundament, und McCall kann sich neben passionierten Screams seine Freude bei vermehrten Danksagungen zwischen den Liedern kaum verkneifen. Der Frontmann screamt sich die Seele aus dem Leib, und neigt in manchen Passagen sogar zu keifenden Black Metal Stimmfarben. Die Darbietung der einzelnen Mitglieder ist schussfest, die Produktion gleichermaßen eisern. Auch wenn der Bass gerne noch ein wenig lauter hätte sein können, ist die durchdringende Qualität und Produktion der restlichen Instrumente astrein und spiegelt die Dampfwalzenpower Parkway Drives auf Konzerten gerecht wider.

Der Mitschnitt hält noch drei Überraschungen bereit: Frontmann McCall hat es sich zur Aufgabe gemacht, drei Lieder in deutscher Sprache neu aufzunehmen, und sogar Rapper Casper zum Tanz geladen. Die Crossover Variante von Shadow Boxing (oder Schattenboxen) zeigt den Bielefelder Performer bissig und fließend in seinem Flow, der den imminenten Breakdown noch schmackhafter macht als in der Originalfassung. In manchen Momenten wie bei Würgegriff kriegt man den bilingualen Heaven Shall Burn Effekt, da das teutonische Gegenstück zu Parkway Drive auch mit starkem Akzent singt und zweisprachig experimentiert. McCalls Aussprache ist erstaunlich gut, und lässt den deutschen Fan schon fast ein bisschen rot anlaufen. In jedem Fall sollte der Band hoch angerechnet werden, dass sie sich an so eine komplexe Sprache herangewagt hat, um den Fans zu danken.

Wenngleich die verschobene Viva The Underdogs Tour wohl noch bis Herbst warten muss, wird diese Live CD so manches Fan Herz trösten können. Parkway Drive zeigen hierauf, dass sie ein Schwergewicht der modernen Metalmusik sind, und die solide Performance inklusive drei deutschsprachiger Lieder unterstreichen, dass die Gruppe sich nicht gerne in ihrer eigenen Komfortzone aufhält.

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Label: Epitaph Records
VÖ: 27.03.2020

Genre: Metal, Metalcore

Vergleichbar:
Heaven Shall Burn – Wanderer
Kvelertak – Splid

Wertung:
12/15