Review: Bring Me The Horizon – Post Human: Survival Horror

„The world doesn’t need light-hearted pop music right now – it needs anthems for anger“

Mit diesen Worten teaserten Bring Me The Horizon eine neue Welle an Musik an: Nachdem amo bei manchen Fans auf bittere Reaktionen und Vorwürfe des Sellouts gestoßen ist, scheint sich die Band auf dem neuen Werk durch viel des neuen Materials mit älteren Fans zu versöhnen. Im Detail bildet diese erste EP, Survival Horror, nur ein Puzzlestück einer Reihe Releases die über die nächsten Monate verteilt das Tageslicht erblicken werden. Jeder Teil widmet sich hierbei anderen Emotionen und Thematiken, die laut der Band nicht zusammen auf eine LP passen würden. Das erste Kapitel wird zum Halloween Wochenende veröffentlicht, und ist eine wilde Achterbahnfahrt durch düstere Gefühlswelten, beißende Synthesizer und Riffgrößenwahnsinn.

Die Vorabsingles Ludens, Parasite Eve, Obey und Teardrops sind als Vorgeschmack gelungen, aber womöglich ein wenig irreführend, da sie die Brücke spannen zwischen den brutaleren und zugänglichen Versatzstücken der Gruppe. Wer nun jedoch direkt vom Vorgängeralbum hier rein rutscht sei gewarnt – es geht zumindest so hart zu als bis zuletzt bei There is a Hell….

Auf den ersten Blick scheint es ein wenig zu gut um wahr zu sein. DIE umstrittenste Band der 00er Szene Jahre wagt, entgegen ihrer eigentlichen Mission nie zurückzublicken, einen reflektierten Ansatz beim Integrieren der Metalcore Aspekte vorheriger Werke. Das Tempo ist weitestgehend stark angehoben, die Pupillen geweiteter denn je. Bereit für den Trip ins Moshpit-Schlaraffenland. Ein Beispiel bietet Opener Dear Diary,: Ein quasi stilistischer Mashup aus treibenden Schlagzeugrhythmen der Suicide Season Ära und ein Thrash Gitarrensolo ähnlich des Debüts treffen gen Ende auf einen triolisch angesiedelten Breakdown (House of Wolves, anyone?).

Frontmann Oliver Sykes vergaß beim Aufnehmen der EP wohl öfter, dass er bis neulich doch gar nicht so viel schreien wollte. Umso überraschender ist es zu sehen, wie viel Adrenalin auf diese Scheibe gepackt ist. Der Großteil der Lieder schwebt auf einem metallernen Klangteppich aus beißender Elektronik, Glitch, und High Definition Gitarre, falls es diesen Begriff so gibt. Verantwortlich hierfür ist definitiv früherer Doom Soundtrack Produzent Mick Gordon, der Jordan Fishs Klangflächen die gewünschten Kanten verleiht, um diesem Release letztendlich einen extra Schub nach vorne zu geben (Parasite Eve, Ludens).

Neben der Koproduktion Gordons sind die Gastauftritte auf keinen Fall rar gesät, und diverser Natur. Bei ganzen vier der neun Lieder steuern aufstrebende bis stadienfüllende Künstler ihre Einflüsse bei. Wenngleich 1×1 trotz großartigem Feature von Nova Twins qualitativ ein wenig vom Rest abfällt, verleiht diese Offenheit für Experimente der EP extra Frische. Besonders der Einfluss Babymetals auf Kingslayer peitscht das Lied in exzessive Tempi mit Hilfe ballernder Gitarren und eines infektiösen Refrains. Wo solch eine Kreuzung hätte schief laufen können, ist von Fehltritt keine Spur. Man könnte auch so weit gehen und sagen, dass dies eine der bisher besten Kollaborationen der Briten ist. Ähnlich stark ist auch das Duell zwischen Yungblud und Sykes, die sich im Video zu Obey in Roboterkostümen und CGI Landschaft die Ehre geben.

Doch die Ruhepole auf Survival Horror sind gleichermaßen gelungen und kulminieren im finalen Duett mit Amy Lee (Evanescence): Das Szenario einer endenden Beziehung wird mit Metaphern des Tods verbildlicht, und von heimsuchenden Klavierpassagen passend dystopisch untermalt. Es fühlt sich so an, als ob das nächste Projekt so mit zarteren Klängen eingeleitet würde, aber wer weiß.

Am Ende bleibt der Eindruck, dass Bring Me The Horizon zwar gewissermaßen ein Projekt für Fans der alten Schule gemacht, aber diese Wünsche unheimlich gut mit ihrer neueren Popaffinität vereint haben. Da ein starker stilistischer Wechsel zwischen den kommenden Veröffentlichungen zu erwarten ist, kann man sich zumindest im nun weit entfernten Livekontext ein brisantes musikalisches Spektrum im Set erhoffen. Und das ist es, was die Gruppe letztendlich zu einem Meilenstein der härteren Musik macht, ganz gleich der Reaktionen zu unerwarteten Veränderungen.

BMTH survival horror

Label: Sony Music
VÖ: 30.10.2020

Genre: Electronic Metalcore, Rock, Horror

Vergleichbar:
Linkin Park – Meteora
Crossfaith – Ex Machina

Wertung:
13/15