Konzertbericht: Superbloom + Wrong Man, Frankfurt Nachtleben, 26.09.2023

Kaum eine Band verkörpert Grunge aktuell so sehr wie Superbloom. Um die Vergleiche mit Nirvana kommt man auch live nicht umhin – zumindest musikalisch.

Während sich der Sommer mehr als deutlich dem Ende entgegen neigt und gerade abends bereits herbstliche Temperaturen herrschen, wird man beim Betreten des im Keller gelegenen Nachtlebens von Wärmezuständen empfangen, die eher einer Sauna gleichen. Es scheint, als hätten beide heute Abend auftretenden Bands angesichts dieser Bullenhitze Mitleid mit sich selbst und den Besucher*innen, da sie ihre Auftritte möglichst kurz halten. Das kommt nicht nur allen Beteiligten entgegen, in beiden Fällen hat man zudem nicht das Gefühl, mit etwas Halbgarem abgespeist worden zu sein. Den Auftakt machen Wrong Man, ein 2021 gegründetes Quartett aus Belgien, das bereits zuvor in anderen Projekten zusammen Musik gemacht hat. Auf ihrem Bandcamp-Profil beschreiben sie sich als „Band, die von der Spannung zwischen lauten Gitarren, subtilen Melodien und einem bluesigen Groove lebt“. Möchte man Wrong Man in Genre-Schubladen stecken, dann am ehesten in die von Grunge und Hardcore. Die Musik der Belgier erinnert oftmals an Militarie Gun und wie die US-Band definieren sich Wrong Man insbesondere über das kehlige Geschrei von Frontmann Bjorn Dossche als Hardcore-Band. Das Tempo der Songs ist mal flotter, dann fühlen sich Wrong Man wieder im Midtempo wohl. In 30 Minuten spielt die Band heute acht Songs. Darunter sind alle vier Songs der 2022 erschienenen Debüt-EP Who Are You? sowie vier Songs der nächste Woche erscheinenden EP Big Plans. Während der eröffnende Titeltrack im Stile von Swain verträumte Schönheit inmitten von lärmendem Grungecore findet, beendet Lights Out den Auftritt schleppend und mit jeder Menge Groove. Spielen Wrong Man die Kontraste in ihrer Musik in Zukunft noch mehr aus und steigern sie ihre bereits angedeutete Bühnenpräsenz, stehen die Chancen gut, dass sie das Nachtleben in Zukunft allein füllen.

Superbloom packen im Anschluss in allen Bereichen einige Prozente drauf. Schon beim Opener Daisy blasen die New Yorker einen mit ihrem fetten Livesound um. Während auf ihren Platten der Gesang von Gitarrist Dave Hoon meist im Zentrum ist, wird dieser zunächst von den lärmenden Instrumenten übertönt, ehe er sich stark zwischen Gitarren, Schlagzeug und Bass mischt und trotz der instrumentalen Wucht gut zu hören ist. Überhaupt bekommt der Grunge des Quartetts live nochmal deutlich mehr Noise-Anstrich. Melancholischere Töne gibt es erstmals im fünften Song Life’s A Blur (zugleich Titeltrack der im Juni erschienenen aktuellen EP), ehe zu Mary On A Chain im Kollektiv geheadbangt wird und Pig einen bereits zu Beginn mit dem vielleicht wuchtigsten Riff des Abends plättet. Balladeske Töne schlagen Superbloom trotz einiger Balladen in ihrem Repertoire nur in No Name an. Jedoch ohne Akustikgitarre und jegliches Pathos. Möchte man den Vergleich mit Nirvana ziehen, befinden sich Superbloom – obwohl ihr 2021 erschienenes Superdebüt Pollen bereits Erinnerungen an Nevermind weckte – live aktuell in ihrer Bleach-Phase und spielen möglichst krachenden Grunge, der jedoch immer wieder Ohrwürmer bietet. Etwa mit dem Hit Whatever, ehe sie ihr reguläres Set mit der vergangene Woche erschienenen Single Velvet Hippo beenden. Die vom Publikum lautstark geforderte Zugabe gibt es anschließend in Form ihres vielleicht besten Songs Spill, ehe nach 45 Minuten Feierabend ist. Danach bleibt die Erkenntnis, dass Superbloom (noch) nicht die Strahlkraft besitzen, die man Nirvana und insbesondere Kurt Cobain schon zu Beginn ihrer Karriere nachgesagt hat und glücklicherweise weniger kaputt wirken. Musikalisch ist der Vergleich aber allemal gerechtfertigt.

© Fotos von Valentin Krach