Konzertbericht: Militarie Gun + Gumm + Syff, Wiesbaden Kesselhaus, 20.11.2023

Seit dem 11. November touren Militarie Gun durch Europa. Mit dem ersten von insgesamt fünf Konzerten in Deutschland beweisen die US-Amerikaner auch live, dass ihr im Juni erschienenes Debüt Life Under The Gun zu den besten Hardcore-Platten des Jahres gehört.

Vorher gibt es aber zwei hervorragende Support Acts zu bestaunen: während Gumm aus Tennessee bei allen Tourstopps in Deutschland mit dabei sind, wärmen Syff die Menge nur heute in Wiesbaden auf. Die ist heute etwas scheu und traut sich zunächst nicht bis vor die Bühne. Den ein oder anderen Moshpit hätte der mal an Grindcore erinnernde und dann wieder eingängig ausfallende Hardcore-Punk der Band aus Koblenz aber allemal verdient. Schade, dass es die Musik des Quintetts noch auf keiner Streaming-Plattform gibt, denn Syff haben allemal das Potenzial, über regionale Szenen hinaus Anklang zu finden.

Dort anhören kann man sich nach drei zwischen 2018 und 2020 veröffentlichten EPs hingegen seit Mai das Slogan Machine betitelte Debütalbum von Gumm. Darauf pendelt ihr Hardcore immer mal wieder in Indierock-Gefilde, mit den ersten drei Songs ihres 25-minütigen Sets liefert das Quintett jedoch zunächst Material für den Moshpit. Ab dem vierten Song Leave Me Out übernehmen jedoch die Songs von Slogan Machine die Setlist. Zum Closer der Platte stampft Frontmann Drew Waldon im Rhythmus auf der Bühne. Seine zwischen lässigem Hüftschwung und angsteinflößendem Violent Dancing wechselnden Tanzbewegungen sind sowieso das Highlight der energiegeladenen Show und sorgen dafür, dass selbst das Kabel seines Mikros nicht sicher ist vor seinem energischen Schwirren.

Auch Militarie Gun-Frontmann Ian Shelton tobt immer wieder über die Bühne, dass sich ihm gleich mehrfach die Kapuze seiner Jacke aufsetzt, bevor er sie daraufhin auszieht. Für den Auftritt der Band aus Los Angeles rückt das Publikum etwas dichter an die Bühne, komplett abgelegt wird der Respekt vor den Musikern aber auch beim Headliner des Abends nicht. Es wird zwar leicht mitgesungen, lautere Singalongs oder gar Moshpits fehlen aber weiterhin komplett. Der Performance des Quintetts tut dies aber keinen Abbruch. Während Schlagzeuger Vince Nguyen und Gitarrist William Acuña im besten Sinne songdienlich agieren, ist das Gitarrenspiel von Nick Cogan, der auch bei Drug Church aktiv ist, von seinem fiebrigen Auftreten bestimmt. Bassist Waylon Trim versteckt sich dagegen den gesamten Auftritt über hinter seiner Sonnenbrille und passt sich damit dem Vibe der entspannteren Songs an. Von denen gibt es einige, auch wenn der Hardcore von Militarie Gun nur in der bislang unveröffentlichten Live-Premiere See You Around vollendsin balladeske Sphären abdriftet.

Shelton bellt zwar immer wieder ins Mikro, doch immer wenn die Musik seiner Band droht, prolliger zu werden, lenken Militarie Gun ihren Hardcore wieder in zugänglichere Bahnen. Gleiches gilt für Sheltons Gesang. Während sein hin und wieder eingestreuter Klargesang zunächst recht leise ausfällt, wird er in seiner Performance immer selbstbewusster und schmeißt sich am Ende in den kehligen als auch klaren Gesang. Mit Pressure Cooker von Dazy und Hüsker Düs Don’t Want To Know If You’re Lonely spielen Militarie Gun zwei Cover, die sich nahtlos in die Setlist einfügen. Die besteht ansonsten aus zehn Songs von Life Under The Gun und sieben von den All Roads Lead To The Gun-EPs, während die Debüt-EP My Life Is Over immerhin mit Kept Talkin‘ vertreten ist. Nach dem gibt es mit Big Disappointment, Very High und Do I Faster ein extrem starkes Finale, mit dem Militarie Gun ohne Zugabe ihr 21 Songs starkes Set nach 45 Minuten beenden. Hält die Band ihr Arbeitspensum und die Qualität ihrer Musik und Shows weiterhin so hoch, stehen die Chancen gut, dass das Kesselhaus bei der nächsten Tour nicht nur besser gefüllt ist, sondern Militarie Gun auch mit dem ein oder anderen Moshpit belohnt werden.

© Fotos von Markus Werner