Da ist es also, das erste Studioalbum der Deutschrocker AnnenMayKantereit. Im Vorfeld der Veröffentlichung eines der meist erwarteten Alben im deutschsprachigen Raum dieses Jahres, stellte sich den meisten Leuten wohl die Frage, wie erfolgreich das Album wird und nicht wie gut es wird. Denn dass die Kölner Durchstarter ein qualitativ hochwertiges Album veröffentlichen werden, war nach unzähligen Liveauftritten und einer komplett ausverkauften Tournee, die dieses Jahr noch ansteht, ein ungeschriebenes Gesetz.
Dennoch stelle ich mir die Frage: Wie gut ist ’’Alles Nix Konkretes’’?
Der erste Song der Platte lautet ’’Oft Gefragt’’ und manch ein Fan wird zunächst etwas verwundert den Klängen des größten Hits von AnnenMayKantereit lauschen. Es handelt sich zwar um den selben Song, der den vier Jungs ihren großen Durchbruch beschert hat, jedoch in einer veränderten Version. So geht es etwas langsamer zu, doch nach der ersten Strophe merkt man der Band eine enorme Weiterentwicklung an. Das Instrumentalspiel hat sich stark gebessert und wird in den nächsten 11 Songs teilweise Momente zum Niederknien hervorrufen. Ein starker Einstieg des Albums – auf der Ende 2015 erschienenen EP ’’Wird schon irgendwie gehen’’ war ’’Oft Gefragt’’ noch der letzte Track.
Mit ’’Pocahontas’’ folgt die erste Singleauskopplung des Albums. Trotz melancholischem Text besitzt der Song ungeahnte Funk-Ausmaße und bereits beim zweiten Song möchte man das perfekte Zusammenspiel von Christopher Annen an der Akustik-Gitarre, Severin Kantereit am Schlagzeug und dem 2014 dazu gestoßenen Malte Huck am E-Bass einfangen und nie wieder loslassen. Vergoldet wird alles durch Henning Mays markante Stimme.
Im anschließendem ’’Es Geht Mir Gut’’ findet auch der Albumname Verwendung: ,,Du hörst dir tausend Geschichten an, was ich alles machen werde, wie und wo und wann. Dieses und jenes, aber alles nix konkretes.’’ Die sehr groovige E-Gitarre erinnert an beste Funk-Zeiten der Red Hot Chili Peppers zu Zeiten ihres Durchbruchalbums ’’Blood Sugar Sex Magik’’.
Henning Mays raue Stimme besitzt ihr bestes Volumen beim schon bekannten Track ’’3. Stock’’, der ebenfalls auf der EP von 2015 zu hören ist. Während auf dieser EP die Stärken von AnnenMayKantereit noch auf ihren Texten und Mays Stimme lagen, hat sich dies nun geändert. Die vier Jungs stecken ein sehr breites Musikspektrum ab, neben den gewohnten Instrumenten wie Gitarre, Schlagzeug und E-Bass finden auch Piano, Mundharmonika und bei ’’Bitte Bleib’’ eine Trompete Verwendung.
’’Bitte Bleib’’ ist der längste Song des Albums und eine Ballade, wie man sie vorher noch nie gehört hat. Funk-Einflüsse, hallende Klänge, ein Trompeten-Solo, doppeldeutige Texte im Refrain. All dies lässt den Zuhörer in eine andere Welt entfliehen. Spätestens an dieser Stelle haben AnnenMayKantereit den Zuhörer fest in ihrer Hand.
Ihre Musik handelt von Liebe, Freundschaft, Familie, dem Studentenleben und alltäglichen Problemen, die die Veränderung im Laufe der Jahre mit sich bringt. Trotz enormer Melancholie und oft traurigen Texten bekommt man als Zuhörer nie schlechte Laune und man möchte am liebsten zu jedem Song Tanzen.
Treibende und ruhige Lieder wechseln sich hier perfekt ab und auch Background-Gesänge in wenigen Liedern sorgen für eine Überraschung. Der ebenfalls schon lange im Live-Repertoire vorzufindende Song ’’Barfuß Am Klavier’’ steht an neunter Stelle des Albums. Diese wunderschöne Ballade bildet die letzten ruhigen Minuten des Albums, bevor mit dem Fan-Liebling ’’21, 22, 23’’ der Höhepunkt des Instrumentalspiels auf dem Album folgt und ’’Länger Bleiben’’ das Album sehr passend abschließt.
’’Das Krokodil’’ wirkt eher wie ein Bonus-Track und erzählt eine nette Geschichte über das Tourleben.
Insgesamt liefern AnnenMayKantereit das Album ab, das alle erwartet haben – und mehr. Deutsch-Rock klang nie besser als auf diesem Album. Es gibt so viele Schichten innerhalb des Albums und alles andere als ein absolutes Erfolgsalbum wäre eine Überraschung. Obwohl die Musik radiotauglich ist, so ist es doch kein Mainstream, sondern eher Nischen-Musik, die man mit Kopfhörern in der eigenen Wohnung hören sollte. Dass die Kölner Jungs so einen Erfolg haben und demnächst die größten Konzerthallen der Republik bespielen werden, ist eine nette Zugabe.
Trackliste:
1. Oft Gefragt
2. Pocahontas
3. Es Geht Mir Gut
4. 3. Stock
5. Wohin Du Gehst
6. Mir Wär’ Lieber, Du Weinst
7. Bitte Bleib
8. Neues Zimmer
9. Barfuß Am Klavier
10. 21, 22, 23
11. Länger Bleiben
12. Das Krokodil