CD Review: Death Spells – Nothing Above, Nothing Below

Irgendwann geht auch das Großartigste zu Ende. Als My Chemical Romance 2013 ihre Trennung bekannt geben, bricht über den Köpfen vieler Emorocker förmlich die Welt zusammen – es ist wirklich vorbei. Dies wird auch nicht besser, als die ehemaligen Helden diese Woche das Internet verarschen und mit einem mysteriösen Trailer Hoffnungen auf ein neues Album machen. Jegliche Erwartung bringt jedoch keine Früchte; es handelt sich hierbei nur um einen gelungenen Schachzug zum zehnjährigen Jubiläum des Klassikers „Welcome to the Black Parade“. Was aber treiben die Jungs denn dann genau? Seitens des Gitarristen Frank Iero sind mehrere Projekte zu verordnen. Sei es sein Soloprojekt frnkiero, Post-Hardcore Formation Leathermouth oder gar Industrial Hardcore Punk à la Death Spells, dem Mann scheint es nicht so schnell langweilig zu werden. Am 29.07. wird letzteres Duo sein erstes Album veröffentlichen. Wir haben unsere Ohren malträtieren lassen und berichten euch über ein köstliches Meisterwerk an elektronischer Schreimusik.

Es ist dieser Moment, in dem man sich fragt, welches Horrorspiel man gerade genießt. Umgarnt von verstörenden, kreissäge-ähnlichen Synths hält Frank einen Monolog über dunkle Mordwünsche und Lebensziele während kalte Schauer den Rücken herunterlaufen. My love and hate for you are infinite. Bühne frei für mächtiges Geballer. „Why Is Love So Disastrous?“ kommt unverschämt dreckig daher und sprengt den Rahmen des zu Erwartenden. Anstatt einer milden Einleitung marschieren hier direkt gewaltige Synthetik Schlagzeug Rhythmen ein und detonieren die Gehörgänge auf absurd schöne Art und Weise. Das auf Schlagzeug fokussierte Mixing stellt große Melodien oder vermeintlichen Gesang eher in den Hintergrund, während kompromissloser Hass in musikalischer Form klar im Vordergrund ist. Auf die Frage, warum Liebe so zerstörerisch sein kann, kann man hier leider keine schnelle Antwort geben. Eins ist jedoch klar: Unser lieber Frank scheint – uns zum Glück – bereits mächtig darunter gelitten zu haben.

Diese brachiale Umgangsform mit dem Zuhörer setzt sich durchgehend auf dem Debüt fort und beschert fortan noch viele weitere grandiose Momente wie im vom Bass durchtriebenen „Choke on one Another“ oder dem mächtigen „Hell All-American“. Man muss sich nur vorstellen, Nine Inch Nails Sänger Trent Reznor hätte einen richtig schlechten Tag und würde dann beschließen, mit Marilyn Manson wütende Nachkommen zu zeugen. Betrachtet man allein die Liedtitel („I Don’t Know Much, But I Know I Loathe You“), so wird schnell offensichtlich, in welchem Gefilde sich die Themen der CD bewegen. Der dominierende Negativismus der Lieder ist nun wirklich keine leichte Kost, dürfte aber für Fans der dunkleren My Chemical Romance Texte genau das Richtige sein. Ruhige Momente wie im „quaainterlude“ oder „Underneath it all“ zeugen von größter Betroffenheit und ziehen einen jeden in ihren Bann.
Ein Kritikpunkt ist aber die konstante Nutzung von Stimmverzerrern, durch welche das Hören schnell anstrengend werden kann. Spätestens beim Disco Stampfer „Fantastic Bastards“ wird dies schnell eine Last, die im schlimmsten Fall zum Skippen verleiten kann. Zum Gesamtwerk der CD ist nebenbei auch noch anzumerken, dass man dieses Stück Musik nicht nebenbei hören sollte oder gar kann – Death Spells schreien schamlos nach eurer Aufmerksamkeit, ketten sich an euch und suchen euch in einsamen Nächten voller Albträume heim. Konsum auf eigene Gefahr.

Sowohl die musikalische Rauheit als auch die kratzige Überlieferung der Texte durch Frank Iero könnte passender nicht sein. Statt in Schemata zu passen, sträuben sich Death Spells unentwegt und zeigen gängigen Klangkonventionen mit ihrer folternden Wucht einen großen, stinkenden Mittelfinger. Deswegen ist es auch genau richtig, die CD mit einem offenen, halbherzigen Ende abzuschließen: was immer man erwartet, man wird es sicher nicht bekommen, eher im Gegenteil. Diese Attitüde ist etwas, das alle potenziellen Fans dauerhaft spalten wird. Wer Death Spells hört, um ein bestimmtes Produkt zu erhalten, sollte seine Entscheidung, dieser Band Gehör zu verschaffen, nochmal eine gute Mütze Schlaf schenken. Wer allerdings bereit ist, enorm durch unfassbare Zerstörung und Schauermomente herausgefordert zu werden, wird Frank Ieros neuestes Werk lieben. „Nothing Above, Nothing Below“ stellt modernen Industrial in Höchstform dar und prangert langweilige Bandkonzepte rigoros an. Fantastische Bastarde eben.

Tipp der Redaktion: Nicht zum Spielen während eines Gruselgames zu empfehlen. Glaubt uns einfach.