Review: JOLEEN – Aeon

Nach der Veröffentlichung ihrer selbstbetitelten EP in 2015 haben JOLEEN auf ihrem ersten Album wesentlich höhere Aspirationen als nur alte Songs der Vorgängerformation Stereoswitch neu aufzunehmen. „Aeon“ übertrifft sämtliche Erwartungen an einer lokalen Band. Doch wie setzt sich die CD zusammen?

Was zuerst auffällt ist die gekonnte Integration einer dritten Gitarre, die dem Sound der Band ein derartig breites Spektrum beifügt, dass der spärliche Einsatz von Synthesizern zur Nebensache wird. Während die meisten Bands gerade darauf pochen, mit Elektronik mangelnde Songwritingfähigkeiten zu cachieren, hat das Quintett das so gar nicht nötig. Opener „Castles in the air“ penetriert die Anlage des Wohnzimmers direkt mit eingängigem Refrain und gelungenen Gitarrenriffs. Hierbei fallen auch Lieder wie „Headache“ besonders positiv auf, bei dem sich subtile Post-Hardcore Einschläge kurz bemerkbar machen, die Band aber zum Glück nicht Richtung generischer Breakdowns dirigieren. Durch soliden Rock und solche Ausflüge in härtere Richtungen schustern Joleen einen eigenen Klang, der mit Sänger Florian Schwöbels kräftigen Stimme das i-Tüpfelchen erhalten. Aus diesem Grund sind die beiden enthaltenen Features („The Only Thing“, „Traitors“) zwar nett, jedoch aber nicht wirklich notwendig, um die Stärken der Gruppe adäquat zu präsentieren.

Produktionstechnisch ist „Aeon“ – soweit man das behaupten kann – perfekt. Jede der Gitarren ist deutlich herauszuhören, die Band spielt tight und auf hohem Niveau zusammen und auch die volle Wucht des Basses wird ausgeschöpft. Dani Weber, der auch schon Heisskalt und The Intersphere produziert hat, holt das beste aus der Musik heraus. Insgesamt ist noch einmal zu betonen, dass JOLEEN auch ohne Screams oder wirre Taktarten durch ausgearbeitetes Songwriting auf ihren 10 Liedern mächtig Druck machen. Schlusslicht und Highlight bildet hier „Time Flies“: Mit Tonartwechseln, spannenden Riffs als auch groovigen Rhythmen machen die Jungs alles richtig, um den Zuhörer in ihren Bann zu ziehen. Spätestens hier wird deutlich, dass JOLEEN längst nicht mehr nur eine lokale Band mit billig produziertem DIY Material sind, sondern noch über die kleinen Jugendhäuser hinaus wachsen werden.

Was fehlt JOLEEN also noch? Das Songwriting ist da, der fette Sound stimmt absolut. Fehlt nur noch das große Publikum… Nach seinem Versprechen, die Band wieder in das Lineup aufzunehmen, nachdem Rock am Ring 2016 abgesagt werden musste, wäre das eine Gelegenheit für Marek Lieberberg, der Band den endgültigen Push zu geben. Hoffen wir auf das beste, denn verdient haben sie es!