Lange haben sie auf sich warten lassen: Marmozets veröffentlichen nach einer gefühlt ewigen Funkstille nächsten Freitag ihr lang ersehntes zweites Album. „Knowing What You Know Now“ heißt das gute Stück und sprintet auf der Zielgeraden in Richtung Rock. Was die Scheibe kann und an Neuem mit sich bringt, erfahrt ihr hier!
Das Rennen beginnt mit zwei Liedern im Uptempo, welche bereits signalisieren, dass Marmozets sowohl klanglich als auch musikalisch ein wenig reifer geworden sind. Die vorab veröffentlichten Singles „Play“ und „Habits“ setzen auf starken Overdrive und klare Prominenz der starken Gesangsstimme von Becca Macintyre die auf der CD ausgefeilte und eingängige Refrains bastelt. Wenn gleich „Meant to Be“ mit rauen Halftime-Passagen und Screams dem Vorgängeralbum noch am nächsten kommt, stampft das simple aber effektive „Major System Error“ gehässig und problemlos darüber hinweg. Der regelrechte Drum ’n‘ Bass Chorus, Macintyres Kopstimme im Staccato sowie die irrwitzigen Bläser machen dieses Lied zu einem Highlight des Albums.
Nein, es gibt keine Lieder mehr wie „Vibetech“, die zwar genial sind, aber zu sehr einer Imitation von The Dillinger Escape Plan klingen. Im Gegenteil: die äußerst junge Band erkundet fremde Gewässer und kreiert mit „Insomnia“ eine vollkommen gespenstische Atmosphäre, die man so von ihr nicht kennt. Dieses außergewöhnliche Experiment wird leider von den zwei nachfolgenden Stücken überschattet, die jeweils wie perfekte Festivalhits klingen, aber sonst nicht allzu viel hergeben.
Diese kleine Schwäche im Mittelteil ist aber schnell zu verzeihen, da die zweite Hälfte des Albums mehr wagt und jede Emotion im Spektrum zwischen Wut und Trauer abdeckt: Zu ersten Kategorie zählen „Like A Battery“, „Not A Religion“ und „Suffocation“. Diese drei Lieder weisen exzellentes Songwriting vor; der Zuhörer wird von Tonartwechseln oder synkopisch verzierten Riffs bombardiert, die genauso fest einschlagen wie ein Shot Absinth. Die balladeskeren anderen Stücke sind lyrisch gesehen das tiefgründigste und rührendste, was die Band bisher erschaffen hat. Anhand filigraner Instrumentation und weise eingesetzter Elektronik kriegen die Stücke genau den melancholischen Touch, den man sich von ihnen erwarten würde.
Ein weiterer kleiner Kritikpunkt der das Album ein wenig verblassen lässt ist die Produktion, die in manchen Teilen ein wenig zu perfekt wirkt. Erinnert man sich an den rauen Schülerbandsound des Vorgängeralbums und vergleicht diesen mit dem aktuellen könnte man meinen, die Mitglieder seien 10 Jahre gealtert. Das ist nicht zwingend schlecht, aber der fragwürdige Einsatz von Filtern und Effekten in Liedern wie „Habits“ stechen negativ heraus und geben dem Klang manchmal eine zu poppige Note.
Insgesamt ist „Knowing What You Know Now“ das Testament einer Band, die weiter nach vorne preschen will und sich dafür auch gerne von alten Charakteristika trennt. Womöglich wird dieses vielseitige und keineswegs schlechte Werk in Zukunft noch mehr glänzen können, wenn Marmozets ihre wahre Richtung gefunden haben. Bis dahin heißt es also live anschauen, zum Beispiel hier:
21.02. Cassiopeia, Berlin
22.02. Headcrash, Hamburg
23.02. Luxor, Köln