Major Erd – Lametta (Deafground Records)
von William Gebert
„Früher war mehr Lametta!“, meckerte Opa Hoppenstedt in Loriot’s Episode „Weihnachten bei Hoppenstedts“. Major Erd nehmen sich auf ihrem neuen Album „Lametta“ dieser Klage an, jedoch nicht im Kontext des geschmückten und mit diversem pseudoästethischem Nippes behangenen Fichtengrüns, sondern in dem der militärischen Auszeichnung. Ironisch betitelte man in vergangenen Zeiten die mit massig Orden dekorierte Brust der Militärs als Lametta. Genau mit dieser Ironie begegnen Major Erd auf ihrem ersten Studioalbum Sozialkritik und Lyrik, begleitet von kraftvollen Riffs, schiebenden Rhythmen und stets einer Prise Neuer Deutscher Welle.
Und das von Anfang an: Mit „Kanten Schleifen“ steigt das talentierte Bielefelder Kollektiv um Sänger Björn Eric Brodner gleich mit einem Statement zum Splitter in der Gesellschaft ein und gibt den Takt der Marschkapelle vor. „Zwei von Millionen“, eine rebellische Selbsterhaltungshymne mit Punk-Attitüde, folgt und ruft zwangsläufig das Bild des überfüllten Clubgigs hervor, bei dem das gerade bestellte Bier von der umher pogenden Masse bereits nach dem ersten Schluck in hohem Bogen das Zeitliche segnet, es einem aber egal ist weil der nächste Refrain im Anflug und man Willens ist, diesen ekstatisch mit zu grölen.
„Sprich mit mir“ schaltet einen Gang zurück, wird philosophisch und zugleich reduzierter. Kritik am ambivalenten Leben einer Trendgesellschaft, eingebettet in einem trockenen und zielstrebigen Beat. „Heute Egoist und morgen anders“.
Mit „Panther zieh nach Rio“ und dem herrlich triebgesteuerten „Letzte Nacht“ geht es im NDW-Darkroom munter weiter, bis mit der Ballade „Was uns fehlt“ der famose Schlussakkord der Platte gesetzt wird. Sanft gespielte Gitarrenlicks, virtuose Rhodes-Einsätze und die im Hintergrund agierenden Drums unterlegen den sanft melancholischen Gesang, welcher von unerfüllter Zweisamkeit sehnsüchtelt und die Platte mit einem bleibenden Eindruck abschließt.
01. Kanten schleifen
02. Zwei von Millionen
03. Sprich mit mir
04. Letzte Nacht
05. Panther zieh’ nach Rio
06. Was uns fehlt
Label: Deafground Records
VÖ: 04.09.2015
Genre: Alternative Rock / Artpunk / Post-NDW
CD-Review von William Gebert / Gastbeitrag