Review: While She Sleeps – So What?

Weniger als zwei Jahre nach ihrem durch Crowdfunding finanzierten Album You Are We haben While She Sleeps mit So What? bereits ein weiteres starkes Ass im Ärmel. Findet hier heraus, warum das Neuwerk der Gruppe aus Sheffield ihren Status als innovativen Metalcore Act festigt.

Schon die vorab veröffentlichte Single „Anti-Social“ deutet gewissermaßen an, was die neue Platte zu bieten hat: Dabei gehören Flottes Getrommel mit Breakbeat Einlagen, hastige Screaming Passagen sowie stark melodiegeleitete Gitarrenlicks zu den allgegenwärtig präsenten Werkzeugen des elf Song starken Werks. Ein bisschen weirder geht es dann schon im Titeltrack zu, der zuerst den Anschein einer Sommerhymne verspricht, nur um wenig später in eine bizarre, wenngleich äußerst brutale Gitarrenhook umzuschweifen. Derartige Momente neigen teilweise fast schon dazu, von den starken Gesangsqualitäten Lawrence Taylors und Mat Welshs abzulenken. Diese Aussage sollte aber eher als Kompliment an die immensen Songwritingfähigkeiten des Quintetts verstanden werden. Ersterer unterzog sich zu Beginn des Jahres seiner bereits dritten Stimmbandoperation, von der ihm jedoch nichts anzumerken ist. „The Guilty Party“ prescht konsequent nach vorne und arbeitet in den Strophen mit willkommen geheißenen, flächigen Passagen statt purem Gefrickel. Besonders das kreative Mastermind Sean Long brilliert auf allen Liedern mit motivischer Gitarrenarbeit und einem perfekten Ohr für Dynamik. Selten findet man eine Metalcore Band, bei der sich genauso viel Melodiepotential in den Leadgitarren wie im Gesang wiederfindet, ohne überladen zu wirken.

Die konstante Abwechslung zwischen diesen Teilen gelingt While She Sleeps besonders gut und besitzt mindestens so viel Epik wie deren jüngster Release. Obwohl man hier unverkennbar Parallelen zu älteren Veröffentlichungen hören kann, ist der Gruppe auf den neuen Aufnahmen ein unstillbarer Durst nach noch mehr großen Melodien anzumerken. Dies hat zum Effekt, dass manche Lieder in ihrem Stellenwert als eingängigste Kandidaten regelrecht Wettkampf führen und keine benötigten Verschnaufpausen ermöglichen. Dieser leicht bittere Beigeschmack wird jedoch durch die grandiose Wahl der Chor- und Streichereinsätze wettgemacht (siehe besonders „Haunt Me“, „Elephant“, „Set You Free“ oder auch „Gates of Paradise“). Die Burschen weiten in diesen Liedern ihren Sound noch weiter aus, ja, liebäugeln schon fast lieber mit poppigem statt purem Schreigesang. Aber eins sei gesagt: der Band einen Härteverlust zuzuschreiben, wäre schlichtweg falsch. Die gesunde Gewichtung der melodischen und wuchtigen Komponenten ist als Fortsetzung von „You Are We“ zu verstehen, welches bereits in diese Richtung schielte.

Was für einen Stellenwert hat So What? also neben den anderen Alben der Band? In ihrer textlichen und musikalischen Zugänglichkeit steht die Platte ohne Frage an Platz eins der Banddiskografie. Allein die vorher erwähnte exzessive Hitdichte macht das Hörerlebnis zu einem Schlagabtausch der Eindrücke, der gen Ende der CD eine leicht ermüdende Wirkung hat, weswegen für mich „You Are We“ ein wenig besser abschneidet. Trotz dieser Tatsache ist dem Album eine ungeheure kompositorische Finesse als auch perfekte Produktion zuzuschreiben. While She Sleeps wissen eben, wie man packende Musik schreibt. Und wenn der Trend sich weiter so fortsetzt wie bisher, dann darf man sich noch länger auf gesellschaftskritische, tiefgehende Musik einer Band freuen, die ihren eigenen Prinzipien immer treu bleibt.

Label: Spinefarm Records
VÖ: 01.03.2019

Genre: Metalcore, Hardcore Punk

Musikalisch und textlich vergleichbar:
Stick To Your Guns – Disobedient
Architects – Lost Forever/Lost Together

Wertung:
13/15