Releaserodeo August 2021

In unserem Podcast-Format setzen sich unsere Redakteure Jonathan Schütz und Alexander Loeb am jeweiligen Monatsende zusammen und diskutieren die wichtigsten neuen Alben des alternativen Musiksektors in ausführlicher Länge.

Mit „Distant Populations“ veröffentlichen Quicksand ihr viertes Album – in 28 Jahren. Angestaubt klingen die Post-Hardcore-Ikonen aber auch auf dem Nachfolger ihres Comebackalbums „Interiors“ (2017) noch nicht. Stattdessen zeigen sich Quicksand äußerst kompakt und verändern ihren Sound nur in Nuancen, aber genug, um modern zu klingen. Das gilt auch für die Texte von Frontmann Walter Schreifels, die vor der Corona-Pandemie entstanden sind, aber vieles von dem thematisieren, was seitdem zu unserem Alltag gehört. Für Deafheaven ist es dagegen zum Alltag geworden, es mit ihrer Musik sowieso nicht allen recht machen zu können. Das galt bereits für das zweite Album „Sunbather“ (2013), auf dem die Band erstmals ihren Mix aus Black Metal, Post-Rock und Shoegaze perfektionierte. Ihr fünftes Album „Infinite Granite“ verzichtet nun nahezu auf Black-Metal-Elemente und rückt Shoegaze und Post-Rock noch mehr in den Vordergrund. Das hat unter anderem einen singenden George Clarke zufolge. Press To Meco sind ihr drittes Album dagegen mit einem anderen Ansatz angegangen: eigentlich sollte „Transmute“ das letzte Album der britischen Alternative-Rock-Band werden. Stattdessen hat das Trio durch den neuen Bassisten Jake Crawford sowie den positiven kreativen Prozess des Albums diesen Ansatz hinter sich gelassen und blickt mit einem selbstbewussten, hymnischen als auch experimentierfreudigen Album in die Zukunft. Hätten die Leoniden vor einem Jahr in die Glaskugel geschaut, sie hätten sich vermutlich die Augen gerieben, hätten sie gesehen, dass sie mit ihrem dritten Album erstmals die Spitze der deutschen Albumcharts erklimmen würden. „Complex Happenings Reduced To A Simple Design“ ist ein 21 Songs starkes Doppelalbum, auf dem die Kieler Durchstarter alles in den Topf werfen, wofür sie spätestens seit ihrem zweiten Album „Again“ heißblütig geliebt werden: poppige Refrains, mitunter krachende Gitarren, ganz viel Kuhglocken, Indie-Tanzbarkeit, Jam-Sessions, Underdog-Gefühl sowie das Thematisieren ernster Themen. Leprous sind als Progressive-Rock-Band ein krasser Gegensatz dazu: während die Leoniden für 21 Songs 51 Minuten benötigen, bringen es die Norweger auf ihrem siebten Album „Aphelion“ in 56 Minuten auf zehn Songs. An denen ist erstaunlich wenig vertrackt, dafür arbeitet das Quintett vermehrt mit Streichern und rückt die Stimme von Frontmann Einar Solberg mehr in den Vordergrund als je zuvor. Bei Jinjer steht die Stimme von Tatiana Shmailyuk dagegen schon immer im Fokus. Die Frontfrau der Metalcore-Band wiegt auch auf dem vierten Album „Wallflowers“ ihren brutalen gutturalen Gesang gegen ihren kehligen Klargesang auf, während der Rest des Quartetts äußerst progressive Instrumentierungen zum Gesamtsound der Ukrainer beiträgt. Ihre eigene Nische gefunden haben auch Turnstile, spätestens mit dem dritten Album „Glow On“. Darauf zeigt sich die Hardcore-Band experimentierfreudiger denn je, ignoriert ihr beheimatetes Genre teilweise komplett und verschmelzt dieses mit unter anderem Bongos und Latin-Einflüssen. Ist das die Zukunft des Hardcore und dessen Revolution?

Unten eingebettet findet ihr den Upload auf YouTube, natürlich gibt es den Podcast aber auch wieder auf Spotify und SoundCloud.

00:00 – 02:08 Einleitung
02:09 – 9:12 Quicksand – “Distant Populations”
9:13 – 18:07 Deafheaven – “Infinite Granite”
18:08 – 26:39 Press To Meco – “Transmute”
26:40 – 38:19 Leoniden – “Complex Happenings Reduced To A Simple Design”
38:20 – 46:08 Leprous – “Aphelion”
46:09 – 53:23 Jinjer – “Wallflowers”
53:24 – 1:05:03 Turnstile – “Glow On”
1:05:04 – 1:06:42 Ausblick & Ausklang

Playlist zum Podcast: https://open.spotify.com/user/jonatha…